Emeritierter Erzbischof: Feier der Eucharistie ist "Herzmitte" von Priesterdienst und Kirchengemeinden - Schönborn: Kirche braucht weder "Podestpriester" noch "Podestlaien", die von oben auf andere herabschauen - Dienst der Versöhung ein "Grundauftrag für alle Christen"
Im Wiener Stephansdom hat Kardinal Christoph Schönborn am Samstag fünf Männer zu Priestern geweiht. Vor gut tausend Gläubigen, die an der Feier teilnahmen, betonte der emeritierte Wiener Erzbischof die Heilige Messe als Zentrum des priesterlichen Dienstes und als "Herzmitte" der Kirche, ja der Welt. Er selbst ziehe aus der Eucharistiefeier stets neue Kraft.
In seiner Predigt zur Priesterweihe im Stephansdom sprach Kardinal Christoph Schönborn die Weihekandidaten an und betonte die zentrale Rolle der Eucharistie im priesterlichen Dienst. Er hob hervor, dass die heutige Messe ihre erste sei, die sie selbst als Priester feiern würden, im Gegensatz zu den vielen, die sie zuvor miterlebt hatten. Er selbst feiere im 55. Priesterjahr schätzungsweise seine 19.400. Heilige Messe und nannte sie „Das große Geheimnis, in das ihr durch die Priesterweihe eintretet." Die Eucharistie sei „ohne Zweifel die Mitte des Herzens des priesterlichen Dienstes." Er erinnerte an die Worte, die Jesus in der Nacht vor seinem Leiden sprach und die die Priester nun zum ersten Mal selbst sprechen würden, und dies werde so bleiben, „bis er wiederkommt in Herrlichkeit." Die Heilige Messe sei auch die „Herzmitte aller unserer Gemeinden" und „schlicht und einfach das Herz der Welt," da sich durch sie das „Werk der Erlösung für die ganze Welt" vollziehe.
In Anlehnung an Augustinus formulierte er: „Mit euch bin ich Christ, für euch bin ich Priester." Er betonte die Freude des Miteinander-Christseins. Der priesterliche Dienst sei ein „Füreinander" im Miteinander. „Unsere Gemeinden brauchen keine Podestpriester," sondern „Brüder und Schwestern." Er zitierte Paulus: „Einer trage des anderen Last. So werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen."
Kardinal Schönborn sprach zwei Anliegen an. Das erste betraf die Spannung im christlichen Leben. Er verwies auf Paulus: „Wenn jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Schöpfung. Das Alte ist vergangen, Neues ist geworden." In diesem Kontext stellte er fest: „Es geschieht Neues. Und Ihr werdet Zeugen dafür sein." Es gebe das Neue, die Erfahrung: „Christus zu finden, ist ein Neuwerden," vergleichbar mit dem Schöpfungsakt Gottes. Als Beispiele nannte er eine Studie, die ein „religiöses Aufwachen" der 16- bis 30-Jährigen zeige, und die steigende Zahl erwachsener Taufen in Frankreich.
Gleichzeitig gebe es die „Unvollkommenheit des Heils oder die Unvollendetheit des Heils," die von der Synode als „incompletezza della salvezza" bezeichnet wurde. Obwohl die Welt in Christus mit Gott versöhnt und erlöst sei, sei noch nicht alles vollendet. Es brauche den „Dienst der Versöhnung." Priester seien „Gesandte an Christi statt." Die Weihekandidaten erhielten diesen Dienst als „Grundauftrag der Christen." Um Versöhner zu sein, müsse man selbst Versöhnter sein.
Sein zweites Anliegen betraf den Segen der täglichen Eucharistiefeier. Kardinal Schönborn teilte seine persönliche Erfahrung, dass er, obwohl er nie eine Pfarre geleitet habe, seit seiner Priesterweihe versucht habe, jeden Tag die Eucharistie zu feiern. Er berichtete, dass er sehr oft, wenn er erschöpft die Messe begonnen habe, am Schluss der Messe „gestärkt und sogar erfrischt war." Dies sei die „Begegnung mit dem Herrn. Unfassbares Wunder."
Er bezog sich auf das dritte Hochgebet, das die Neupriester zum ersten Mal selbst beten würden, mit den Worten: „Ja, du bist heilig, großer Gott, und alle deine Werke verkünden dein Lob. Denn durch deinen Sohn, unseren Herrn Jesus Christus, und in der Kraft des Heiligen Geistes erfüllst du die ganze Schöpfung mit Leben und Gnade." Er betonte die „kosmische Liturgie," in der durch die Eucharistie der Dank für die ganze Schöpfung dargebracht werde.
Abschließend zitierte er aus dem dritten Hochgebet, das ihm in den Mühen des priesterlichen Dienstes Trost spende: „Bis ans Ende der Zeit versammelst du dir ein Volk, damit deinem Namen das reine Opfer dargebracht werde, vom Aufgang der Sonne bis zum Untergang." Er schloss mit den Worten Jesu an Petrus, abgewandelt für die Weihekandidaten: „Du bist Lukas, du bist Tibor, du bist Michael, du bist Matthias, du bist Yenge. Und auf diese eure Personen und euren Dienst werde ich meine Kirche weiterbauen, bis zu meiner Wiederkunft."
Die fünf Neupriester der Erzdiözese Wien sindt Lukas Dominikus Albert (42), Michael Haller (32) und Tibor Bujdák (59) aus dem Wiener Priesterseminar sowie Jedrzej Balawender (29) und Matthias Aumüller (29) vom Diözesanen Missionskolleg Redemptoris Mater.
Die Weiheliturgie feierte Kardinal Schönborn mit Administrator Josef Grünwidl, dem aktuellen Verwalter der Erzdiözese, sowie Regens Richard Tatzreiter und Rektor Federico Colautti. Altbischof Klaus Küng, Weihbischof Franz Scharl und Dompropst Ernst Pucher nahmen ebenfalls am Gottesdienst teil.
Die Priesterweihe besteht im Wesentlichen aus der Handauflegung durch den Bischof mit dem feierlichen Weihegebet. Zuvor nimmt der Bischof das Weiheversprechen entgegen und betet mit der ganzen Gemeinde für die Weihekandidaten unter Anrufung der Heiligen. Die Kandidaten verharren dabei vor dem Altar ausgestreckt ("Postratio"). Auf die eigentliche Weihe durch Handauflegung und Weihegebet folgen die "ausdeutenden Zeichen": das Anlegen der priesterlichen Gewänder, die Salbung der Hände, die Überreichung von Brot und Wein als eucharistische Gaben sowie ein abschließender Friedensgruß.
Schon am Sonntag werden die fünf Neupriester ihre ersten selbst gefeierten Heiligen Messen nach der Priesterweihe feiern. Diese "Primizen" feiern alle neu geweihten Priester meist in ihren Heimatgemeinden oder anderen Kirchengemeinden, mit denen sie persönlich eng verbunden sind. Sie haben als Abschluss den Primizsegen für die Gläubigen.
Hier geht es zur Bildergalerie
Die festliche Weiheliturgie im Stephansdom am Samstag war die größte Priesterweihe in Österreich im heurigen Jahr. Zahlreiche Weihen finden auch an den Tagen rund um das am Apostelfest "Peter und Paul" am 29. Juni statt. Insgesamt wird es nach Kathpress derzeit vorliegenden Informationen heuer mindestens 26 Neupriester geben. Weihetermine von Priestern aus Ordensgemeinschaften sind aber erst teilweise bekannt.
Die bislang erhobenen Zahlen deuten auf eine Verjüngung der Priesterseminaristen: Lag das Durchschnittsalter der Kandidaten bei der Weihe in den vergangenen Jahren meist bei 35 Jahren und mehr, so beträgt es diesmal nur 34 Jahre, da die Hälfte der angehenden Priester erst zwischen 27 und 31 Jahre alt sind. Der Trend zu weniger spätberufenen und mehr jungen angehenden Neupriestern setzt sich somit fort.
Das Sakrament der Weihe wird seit der Urkirche vom Bischof durch Handauflegung und Gebet gespendet - in drei Stufen: Diakon, Priester, Bischof. Kandidaten bereiten sich über mehrere Jahre im Priesterseminar oder in einer Ordensausbildungsstätte vor, absolvieren das Theologiestudium und durchlaufen einen Reifungsprozess in menschlicher und geistlicher Hinsicht. Voraussetzungen für den Priesterberuf sind Glaube, geistliche Berufung, Teamfähigkeit, seelische und körperliche Gesundheit sowie Matura oder Studienberechtigung (nachholbar). Die Ausbildung umfasst das propädeutische Jahr, das Seminar und das Studium. Der erste Schritt ist ein Aufnahmegespräch beim Regens, dem Leiter eines Priesterseminars.
Geweihte stehen in besonderer Nachfolge Christi und sollen sein Wirken durch ihr Leben sichtbar machen. Ihr Dienst umfasst Verkündigung, Sakramentenspendung, Seelsorge und Leitung. Bei der Weihe versprechen sie Gehorsam gegenüber dem Bischof bzw. Ordensoberen. Die Weihe ist laut Kirchenlehre unauslöschlich und unwiderruflich.