Bankhaus Schelhammer & Schattera Aktiengesellschaft in 1010 Wien, Goldschmiedgasse 3.
Bankhaus Schelhammer & Schattera Aktiengesellschaft in 1010 Wien, Goldschmiedgasse 3.
Wiens älteste Privatbank, Schelhammer & Schattera, ist Vorreiter in ethischer Veranlagung, berichtet Vorstandsvorsitzender Michael Martinek.
Michael Martinek im Sommergespräch im Anton Gatnar von Radio Stephansdom.
Anton Gatnar: Welche kirchlichen Verbindungen hat das Bankhaus Schelhammer & Schattera?
Martin Martinek: Nach dem Zweiten Weltkrieg waren viele kirchliche Immobilien zerstört. Finanzmittel waren rar. Auch Förderungen der öffentlichen Hand gab es nicht wie in späterer Größenordnung. Man hat versucht, neue Wege zu finden, um Finanzmittel aufzutreiben. Gerade nach dem Krieg war die Bereitschaft der Bevölkerung sehr groß, die Kirche zu unterstützen, durch sogenannte Kirchenanleihen. In den 1950er und 60er Jahren hat man Mittel von den Gläubigen bekommen, um entsprechende Sanierungsmaßnahmen zu setzen. Das war damals ein mutiger Schritt. Im Hintergrund war es auch der Beginn des kirchlichen Engagements im Bankhaus Schelhammer & Schattera. Aus dem Bereich der Kirchenanleihen und dem alten Bankhaus entstand in den folgenden Jahrzehnten das heutige Bankhaus Schelhammer & Schattera mit einem mehrheitlich in Kirchenbesitz befindlichen Aktionärspaket.
Anton Gatnar: Heute ist Schelhammer & Schattera auch eine ganz normale Geschäftsbank - und ein Pionier im Bereich der ethischen Veranlagung. War es von Anfang an Ihr Konzept, andere Produkte anzubieten?
Martin Martinek: Für uns sind nachhaltige Finanzgeschäfte kein Marketingthema, sondern ein Thema unserer Geschäftsphilosophie, die sich in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren entwickelt hat. Wir können heute sicher mit Fug und Recht behaupten, dass wir ein Marktführer, Pionier und auch Schrittmacher im Bereich ethisch-nachhaltiger Finanzgeschäfte sein wollen und sind.
Anton Gatnar: Was ist in ihrem Sinn ethische Veranlagung?
Martin Martinek: Kurz ausgedrückt heißt es, dass man bei den Veranlagungen gewisse ethische Fragestellungen berücksichtigt. Beispiel Kinderarbeit: Das ist ein Thema das wir bei der Finanzierung von Unternehmen ausschließen, ein diesbezüglicher Aktienerwerb in den Investmentfonds ist nicht möglich. Beispiel Todesstrafe: Wenn ein Land die Todesstrafe nicht abgeschafft hat, wie z. B. die USA, dann ist dieses Land von einer Finanzierung von Staatsanleihen ausgeschlossen.
Anton Gatnar: Verzichtet der Veranlagende dabei auf höhere Zinsen? Ist das eine Spende, dass er eine besondere Art der Veranlagung tätigt?
Martin Martinek: Es gibt am Markt Produkte, bei denen man an Stelle des Zinsertrages oder einer Rendite, das Geld ertragslos für Missionsziele oder dergleichen zur Verfügung stellt. Das machen wir nicht. Wir sichern unseren Kunden zu, z.B. bei unserem Ethiksparbuch, dass alle Gelder, die hereinkommen, entsprechend ethisch nachhaltig veranlagt werden und, dass wir eine entsprechende marktgerechte Verzinsung dafür bezahlen. Bei den Investmentfonds, wo in Anleihen, Aktien, je nach Interesse des Kunden veranlagt wird, kann man auch davon ausgehen, dass keinesfalls auf Rendite verzichtet werden muss. Mittel- und längerfristig ist das eine sicherere und ertragreichere Veranlagung.
Anton Gatnar: Wer sind diejenigen, die ethisch veranlagen? Stehen sie der Kirche nahe, sind es sogenannte „gute Menschen”? Oder ist es so ein breites Geschäftsfeld, das jedermann in diesem Bereich investiert?
Martin Martinek: Auf die Letztgenannten trifft es leider noch nicht zu. Das würden wir uns wünschen und uns darüber freuen, wenn jeder Anleger dies zum Ziel der Anlage machen würde. Es ist ein bisschen wie im Lebensmittelbereich, in der Frage biologischer Lebensmittel. Das ist auch ein Markt der über Jahre bei rund zehn Prozent liegt. Der Markt für ethische, nachhaltige Geldanlagen liegt bei fünf, sechs Prozent. Es ist ein Markt, der in den letzten Jahren deutlich angestiegen ist, aber es ist noch ein relativ kleiner Markt. Die Menschen, die zu uns kommen und bei uns veranlagen, machen das aus verschiedenen Motivationslagen heraus. Es gibt bei unserem Haus viele Kunden, die aus einer christlich-sozialen Verantwortung heraus leben und das auch in ihren Veranlagungen umsetzen. Es gibt aber auch eine Reihe von Menschen, die das rein aus einem humanistischen Denkansatz machen.
Anton Gatnar: In Kriminalromanen sind Privatbanken meist kleine Banken, wo große Kunden mit großen Autos und Chauffeuren vorfahren. Wer sind Ihre Kunden?
Martin Martinek: Bei uns fährt man nicht mit dicken Autos vor. Zu einem Drittel sind es kirchliche Kunden: Ordensgemeinschaften, Diözesen, Pfarren und auch Mitarbeiter der Kirche, ein Drittel sind Unternehmen, freiberuflich Tätige wie Ärzte und Rechtsanwälte, und ein Drittel sind Privatkunden.
Anton Gatnar: Bei den Großbanken herrscht Angst vor dem „Stresstest”. Hätte das Bankhaus Schelhammer & Schattera davor Angst?
Martin Martinek: Nein, davor hätten wir keine Angst, auch wenn wir diesem auf Grund der Größe nicht unterzogen werden würden. Wir würden ihn ohne Bedenken antreten. Wir sind eine der eigenmittelstärksten Banken, nicht nur österreichweit, sondern über die Grenzen hinaus. Wir haben über 25 Prozent Eigenmittel, das ist das Dreifache, was bisher gefordert wurde und das Doppelte, was nun von anderen Banken in verschärften Marktbedingungen gefordert wird. Wir würden einem „Stresstest” sehr entspannt entgegensehen.
Das vollständige Interview mit dem Michael Martinek können Sie auf Radio Stephansdom nachhören. http://www.radiostephansdom.at/podcast/perspektiven/