"Für mich ist der Glaube ein Prozess", sagt Johannes Ruppacher.
"Für mich ist der Glaube ein Prozess", sagt Johannes Ruppacher.
Johannes Ruppacher, der neue Geschäftsführer des Vereins "Volontariat bewegt", spricht über das Engagement von Freiwilligen im Ausland und über seine eigenen Erlebnisse auf der philippinischen Insel Cebu.
Mit Anfang Oktober haben Sie die Geschäftsführung von "Volontariat bewegt" übernommen. Was ist der Zweck dieses Vereins?
Johannes Ruppacher: Wir ermöglichen, dass junge Menschen meist nach der Matura, manchmal auch ein bisserl später, sich ein Jahr in einem Don Bosco-Projekt in Ländern des Südens engagieren können. Wir haben einen Hintergedanken bei unserem Programm, dass die Volontäre durch die Ungerechtigkeiten, die sie sehen, die Lebensbedingungen, die sie erfahren, motiviert sind, sich danach weiterhin zu engagieren – für eine gerechte Welt, die lebenswert ist für alle Menschen, die darin leben. „Volontariat bewegt“ wickelt diese freiwilligen Einsätze im Ausland ab, macht im Vorfeld die Vorbereitungen, wählt die jungen Freiwilligen aus, begleitet sie in diesem Jahr und macht dann Rückkehrerarbeit mit ihnen. Wir holen sie ab mit den Erfahrungen, mit den Eindrücken, die manchmal natürlich auch sehr belastend sein können. Wir versuchen sie in ihrem Engagement in Österreich weiterhin zu begleiten.
Wann hatten Sie den ersten Kontakt mit der großen Don Bosco Familie?
Johannes Ruppacher: Schon vor meinem Einsatz hatte ich Kontakt zu einer Don Bosco-Pfarre in Klagenfurt. Ich habe dort mit einer Jugendgruppe, die ich mitbegründet habe, Heimat gefunden. In diesem Rahmen habe ich auch von anderen Jugendlichen erfahren, die im Ausland waren. Ich habe mir gedacht: Das ist eigentlich, was mich interessiert. Die Freiwilligen machen Erfahrungen, die fundamental anders sind, als man es als junger Mensch in Österreich erfährt. Ich habe mich damals noch bei Jugend Eine Welt beworben, habe die Vorbereitungen mitgemacht und bin für ein Volontariat auf den Philippinen ausgewählt worden.
Was haben Sie bei Ihrem Auslandseinsatz erlebt?
Johannes Ruppacher: Die Zeit auf den Philippinen war sehr prägend und eindrucksvoll für mich. Auf der einen Seite den gelebten Glauben der Menschen dort zu sehen, weil er teilweise andere Ausdrucksformen hat als bei uns, teilweise eine Alltagsspiritualität vermittelt, die man in Österreich nicht von so einer breiten Bevölkerungsschicht her kennt. Auf der anderen Seite hat mich auch das Engagement der Salesianer Don Boscos für benachteiligte Kinder und Jugendliche sehr fasziniert. Ich selber habe mitgeholfen in einem Zentrum, wo 110 benachteiligte Jugendliche gewohnt haben, im Don Bosco Boys Home Liloan in Cebu auf der Insel Cebu. Das waren Jugendliche oder Kinder, die entweder Waisen waren oder aus Familien kamen, bei denen die finanziellen Ressourcen nicht ausgereicht haben, um Schulausbildung oder die lebensnotwendigen Grundlagen zu finanzieren. Oder Jugendliche aus Familien mit anderen Problemen wie Drogenabhängigkeit oder Gewalt. In diesem Heim war ich so etwas wie der große Bruder für die Kinder. Ich habe den Tagesablauf mit ihnen bestritten.
Sie haben den gelebten Glauben auf den Philipinnen angesprochen. Was bedeutet Glaube für Sie persönlich?
Johannes Ruppacher: Mein persönlicher Glaube hat sich ganz stark geändert, seit ich damals in dieser Jugendgruppe in Klagenfurt war. Auch durch Ungerechtigkeiten, die ich in meinem Einsatz mitbekommen habe. Je mehr man von der Welt sieht, umso mehr ist man herausgefordert, das mit der Vorstellung von etwas Transzendentalem zu vereinbaren. Wenn ich es auf den Punkt bringen müsste, ist Glaube ein Prozess, in dem ich mich selber mit dem auseinandersetze, was außerhalb von mir und von dem, was ich mit meinen Sinnen wahrnehmen kann, noch da ist.
Sie engagieren sich stark für die Verbesserung der Rahmenbedingungen von Auslandseinsätzen? Was muss noch geschehen?
Johannes Ruppacher: In Österreich sind wir in der glücklichen Lage, dass es ein Freiwilligengesetz gibt. Es wurde 2012 versucht, alles, was an Freiwilligenengagement in Österreich über einen längeren Zeitraum – zwischen sechs Monaten und einem Jahr – passiert, darin zu regeln. Das Ziel ist es, die Qualität der Organisationen zu steigern und die Rahmenbedingungen für die Freiwilligen abzusichern. Jetzt ist es leider so, dass diese Bedingungen sehr stark auf Einsätze im Inland zugeschnitten sind. Die Umlegung auf Organisationen, die Auslandseinsätze abwickeln, ist sehr schwierig. Bisher hat es noch keine österreichische Organisation geschafft, diese Anforderungen zu erfüllen, weil sie teilweise nicht passen. Es geht jetzt vor allem darum, das Freiwilligengesetz an die Realität von Trägerorganisationen, die ins Ausland entsenden, anzupassen. Damit wäre schon ein großer Schritt erreicht. Ein weiteres Problemfeld ist natürlich die Fördersituation für solche Auslandseinsätze.
Glücklicherweise sind im letzten Jahr die Kürzungen für die Austrian Development Agency, die zentrale Bundesagentur, abgewendet worden, aber für 2015 drohen die Kürzungen immer noch. Das ist ein Teil, wie Auslandseinsätze gefördert werden könnten. Wir sind als Träger für die Abwicklung eines qualitätsvollen Programms einerseits auf das Engagement von Ehrenamtlichen angewiesen. Andererseits auf Spenden von Menschen, die finden, dass ein Einsatz eine sinnvolle Sache ist, in der Freiwillige viel lernen können und viel für benachteiligte Kinder weltweit bewegt werden kann.
Volontariat bewegt
St. Veit Gasse 21
1130 Wien,
Tel.: 01/8790707
Fax: 01/8790707-15
Engagierte Frauen und Männer haben über den Verein die Möglichkeit, in konkreter Solidarität ein Jahr in einem Land Afrikas, Asiens oder Lateinamerikas mitzuleben.
Als Freiwillige engagieren sie sich für benachteiligte Kinder und Jugendliche in Straßenkinderprojekten, Jugendzentren, Schulen, Lehrwerkstätten, Berufsausbildungszentren und Kinderwohnheimen der Salesianer Don Boscos und der Don Bosco Schwestern.
Sie leisten unterstützende Lehrtätigkeiten, assistieren im Bereich der Freizeitbetreuung und der offenen Kinder- und Jugendarbeit und engagieren sich so für die ganzheitliche Erziehung von Kindern und Jugendlichen nach dem Vorbild des italienischen Sozialpioniers und Heiligen Giovanni Bosco.
Bereits an die 420 junge Österreicherinnen und Österreicher haben seit 1997 durch ein Volontariat wertvolle Erfahrungen für ihr persönliches Leben gesammelt. Am 1. Jänner 2013 hat Jugend Eine Welt die Durchführung des Volontariatsprogramms VOLONTARIAT bewegt übertragen. Zu den aktuellen Einsatzländern zählen Äthiopien, Ecuador, Ghana, Indien, Lesotho, Malawi, Mexiko und die Philippinen.
Unterstützt werden die Volontariatseinsätze durch die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit sowie durch private und kirchliche Initiativen.
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