Caritas-Präsident Michael Landau bei der Ausgabe von Lebensmitteln an bedürftige Menschen im Rahmen des Projektes Lebensmittel und Orientierung der Caritas Wien.
Caritas-Präsident Michael Landau bei der Ausgabe von Lebensmitteln an bedürftige Menschen im Rahmen des Projektes Lebensmittel und Orientierung der Caritas Wien.
Schwache brauchen einen starken Staat und die Bereitschaft zusammenzustehen.
"Not sehen und handeln" - dieses Leitmotiv für die Caritas drückt aus, dass der Platz der Kirche an der Seite der Armen, für die ein armutsfester und zukunftstauglicher Sozialstaat da sein soll. Das betonte Caritas-Präsident Michael Landau am Sonntag, 19. November 2017 bei der Messe zum "Welttag der Armen" im Wiener Stephansdom. "Armut ist ein Stück Realität, auch in Österreich." Sie zu sehen und sich auf die Begegnung mit armen Menschen einzulassen, sei die Voraussetzung für konkrete Hilfe, so Landau unter Bezugnahme auf Papst Franziskus, auf dessen Initiative erstmals weltweit an einem Sonntag Arme in die Mitte des kirchlichen Lebens gestellt werden.
Armut fordere nicht nur jeden einzelnen in seiner Eigenverantwortung oder die Kirche heraus, auch die Politik und die nächste Bundesregierung sei gefordert. "Jeder 7. Mensch ist in unserem Land von Armut betroffen, so die offiziellen Zahlen der Republik, 410.00 dieser Menschen gelten als manifest arm, unter ihnen erschreckend viele Kinder", führte Landau aus und sagte: "Diese Menschen sind der Stachel im Fleisch unserer Gesellschaft. Ihre Not ist Auftrag an uns alle, diese Not zu lindern."
Gefordert sei die Politik konkret im Blick auf die massenhafte Steuerflucht, Milliarden fehlten so der Allgemeinheit. Die "Paradise Papers" würden deutlich machen: "Die Starken brauchen keinen starken Staat, sie brauchen kein starkes Europa. Sie finden ihren Weg, und wenn es ein verschlungener Pfad ist. Aber die Schwachen brauchen einen starken Staat, auch ein starkes Europa, das notfalls willens und bereit ist, Sümpfe trocken zu legen. Denn sonst bleiben sie, die Armen, alleine und wehrlos auf der Strecke." Die Bereitschaft zusammenzustehen und auf die Schwächsten nicht zu vergessen, habe Österreich groß gemacht. "Diesen Weg sollten wir weiter gehen. Auch in Zukunft", sagte Landau.
Dankbar zeigte sich der Caritas-Präsident, dass der erste "Welttag der Armen" mit dem in Österreich schon lange begangenen Elisabeth-Sonntag zusammenfalle, an dem die kirchliche Caritas Spenden für die Hilfe im Inland sammelt. Mit diesem Welttag setze die Kirche ein starkes Zeichen der Solidarität und Nächstenliebe. "Sie macht deutlich: Das Tun der Liebe ist Ernstfall unseres Glaubens. Unser Glaube wird heute und hier konkret, oder er wird es gar nicht", so Landau, der an das für heuer vom Papst ausgegeben Motto des Welttages erinnerte: "Liebt nicht mit Worten, sondern in Taten".
"Not sehen und handeln", das sei die Kurzformel jedweder Caritasarbeit, die nicht zuletzt am Gleichnis des Barmherzigen Samariters ausgerichtet sei, "einem Gleichnis, von dem Caritas-Bischof Benno Elbs einmal gesagt hat, es müsste im Verfassungsrang innerhalb der Kirche stehen". Beim Welttag der Armen gehe es "um mehr, als nur um Spenden, so wichtig, diese für die Hilfe auch sind": Bei Welttag der Armen solle es "zu einer wirklichen Begegnung" mit den Armen zu kommen. Es gehe darum "einen Lebensstil zu finden, der einer Haltung des Teilens Raum gibt - im Blick auf Österreich, Europa und weltweit gesehen", so Landau. Es gelte, "Hoffnung zu stärken, Zusammenhalt zu fördern, Menschen Mut zu machen, eine Grundmelodie der Freude wach zu halten, auch und gerade dort, wo das Kreuz ein Stück Realität ist".
Zentral im Umgang mit Armen sei Verantwortung, sowohl im Sinn von Eigenverantwortung, als auch hinsichtlich einer Verantwortung füreinander, "weil wir Kinder eines Vaters sind, hineingewoben in eine Schicksalsgemeinschaft, aus der keiner ausgeschlossen werden, aus der sich aber auch keiner davonstehlen darf". Die Kirche mache diese Haltung bis in ihr Beten hinein deutlich. Jedes "Vater unser" erinnere daran, dass das tägliche Brot nie nur "mein", sondern immer und notwendig "unser tägliches Brot" sei.
Der Mensch brauche Brot zum Leben, aber lebe nicht vom Brot allein. Es brauche immer auch die konkrete Begegnung von Angesicht zu Angesicht, die Armen Würde und Sinn verleihe. "In jeder Begegnung sind wir als Mensch gefragt, als Person, mit und in unserem Leben. Dort, wo wir stehen, wo wir hingestellt sind. Dort sind wir gefordert; unvertretbar", so der Caritas-Präsident, der gleichzeitig "ein großes Danke den vielen engagierten Freiwilligen an so vielen Orten in ganz Österreich" sagte und festhielt: "Dass in unserem Land so viele Menschen bereit sind, sich für andere Menschen zu engagieren, das ist ein hoher Wert. Unser Land wäre um vieles ärmer ohne die vielen Menschen, die einen Beitrag für andere und ein gutes Miteinander leisten."