Pfarrer Wolfgang Pucher bei der Eröffnungsfeier des VinziDorfsWien.
Pfarrer Wolfgang Pucher bei der Eröffnungsfeier des VinziDorfsWien.
Initiator P. Pucher: "Obdachlosigkeit in Österreich zur Gänze überwindbar".
Das erste Wiener "VinziDorf" - eine Einrichtung für Obdachlose, "in der jeder so leben kann, wie er will" - ist am Donnerstag, 15. November 2018 im 12. Gemeindebezirk mit einem Festakt eröffnet worden.
24 chronisch alkoholkranke und wohnungslose Männer sollen hier ab Dezember ein neues Zuhause erhalten. Nach dem Vorbild eines bereits in Graz bestehenden gleichnamigen Projekts soll auch hier eine "Heimat für alle Heimatlosen" ermöglicht werden, erklärte der Initiator P. Wolfgang Pucher. Mit dem Konzept könne es möglich sein, "dass in Österreich in absehbarer Zeit kein einziger Obdachloser mehr ein Bett suchen oder im Schmutz leben muss", so der Lazaristenpater.
Zum Eröffnungsakt in die Hetzendorfer Strasse 117 gekommen waren u.a. Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger, Weihbischof Franz Scharl sowie die Obmänner der Vinzenzgemeinschaft Eggenberg und des Wiener Vinzidorfes, Peter Pratl und Ulrich Wanderer. Anwesend waren jedoch auch die beteiligten Spender des Projekts sowie mehrere hundert Gäste - viele von ihnen freiwillige Helfer, die zur Realisierung des 15 Jahre lang vorbereiteten Projekts in Wien beigetragen hatten. P. Pucher würdigte die insgesamt 750 ehrenamtlichen Mitarbeiter als "Goldschatz" der Vinzenzgemeinschaft. 40 Ehrenamtliche hätten sich für die Aufnahme des Betriebs bereits gemeldet, weitere könne man ebenso wie auch Spender für die Baukreditrückzahlung jedoch weiter brauchen.
"Durch das Zusammenleben in einer offenen Dorfgemeinschaft soll Heimat und Geborgenheit ermöglicht werden", schilderte Pfarrer Pucher gegenüber "Kathpress" den Grundgedanken des "VinziDorfes". Aufgenommen werde, "wen keiner will", gehörten doch zur Zielgruppe die von "hässlicher Armut" Betroffenen: Obdachlose, die sich aufgrund der Alkoholabhängigkeit nicht in bestehende Strukturen einfügen könnten. Voraussetzung ist ein Lebensmittelpunkt bzw. die Anspruchsberechtigung in Österreich, aus diversen Gründen jedoch das bestehende Angebot der Wiener Wohnungslosenhilfe nicht annehmen können oder nicht aufgenommen werden.
Das "VinziDorf" bietet den Betroffenen künftig eine individuelle, 24-Stunden-Betreuung durch haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter. In den 16 Wohnmodulen und 8 Wohneinheiten werden die Bewohner in eigenen Zimmern wohnen, die mit einem eigenen Sanitärbereich ausgestattet und durchschnittlich 8,6 Quadratmeter groß sind.
Obdachlosigkeit sei "zur Gänze überwindbar", zeigte sich Pucher im Gespräch mit "Kathpress" überzeugt. Als Beispiel nannte er das 1993 gegründete "VinziDorf" in Graz, wo sich auch jene Menschen hingekommen seien, die sonst in keine Einrichtungen gehen würden. Graz sei heute "mehr oder weniger frei von Obdachlosen". Das Konzept sei auch auf andere Städte übertragbar.
Mit der Eröffnung des "VinziDorfes" in Hetzendorf geht auch eine bereits 2002 gestartete Vorarbeit zu Ende, bei der potentielle Standorte stets am Widerstand der Anrainer scheiterten; statt eines "VinziDorf" entstanden in somit vorerst sechs andere "VinziWerke" wie etwa die Notschlafstelle "VinziBett". Nach Einsprüchen und jahrelangem Aufschub entschied das Verwaltungsgericht im Jahr 2015, dass im Garten eines ehemaligen Exerzitienhauses in Hetzendorf gebaut werden darf.
Das neue "VinziDorf" Wien ist in Zusammenarbeit mit dem Architekturbüro "gaupenraub +/-" entstanden und wird rechtlich getragen vom Verein "Vinzenzgemeinschaft Heiliger Lazarus". Operativ wird die Einrichtung von einem zweiköpfigen Leitungsteam sowie ehrenamtlichen Mitarbeitern geführt. Die "Vinzenzgemeinschaft Eggenberg - VinziWerke" widmen sich seit 1990 Alkohol- und Drogenabhängigen, Bettlern und "jenen, die sich ansonsten nirgendwo hin wenden können". Zurzeit betreibt die Gemeinschaft 39 Einrichtungen mit dem Ziel, schnell, unbürokratisch und direkt zu helfen.