Kardinal Schönborn: „Hätte Adam in diesem Augenblick gesagt: ‚Ich habe einen Fehler gemacht!‘, wären wir alle noch im Paradies.“
Kardinal Schönborn: „Hätte Adam in diesem Augenblick gesagt: ‚Ich habe einen Fehler gemacht!‘, wären wir alle noch im Paradies.“
"Die unendliche Geschichte des Guten ist stärker als jene des Bösen", so Kardinal Schönborn zum heutigen Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria.
Erstmals seit dem 2. Lockdown feierte Kardinal Schönborn zum heutigen "Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria" einen öffentlichen Gottesdienst im Wiener Stephansdom. Bereits gestern Abend hatte der Wiener Erzbischof in der Lourdesgrotte von Maria Gugging einen Gottesdienst gefeiert.
Auch seine Homilie zum heutigen Hochfest eröffnete der Kardinal mit der Geschichte der Ereignisse in Lourdes Mitte des 19. Jahrhunderts, bei der sich Maria der jugendlichen Seherin Bernardette Soubirous in deren Muttersprache, dem provencalischen Dialekt als die „Unbefleckte Empfängnis“ vorgestellt habe.
Die Fest von der unbefleckten Empfängnis Mariens setzt die kirchliche Überzeugung von der Erbsünde voraus. „Aber was bedeutet das? Sind wir alle schlechte Menschen von Geburt an?“, so Kardinal Schönborn in seiner Homilie. „Nein, wir sind alle Gesegnete, aber“, so der Kardinal weiter „etwas ist in uns, was wie ein Webfehler aussieht: eine Neigung, die schon bei Kindern festzustellen ist. Neben der Neigung zum Guten gibt es auch die Neigung zum Bösen.“
Die unendliche Geschichte des Guten ist stärker
Theologisch bzw. biblisch grundiert sei diese kirchliche Lehre von der Schuldverstrickung des Menschen bereits in der Paradieserzählung, führte Kardinal Schönborn unter Verweis auf die heutige erste Lesung aus dem Buch Genesis (Gen 3, 9-15.20) und die jüdische Auslegung dieser Bibelstelle aus: Wenn Gott dort Adam fragt, ob er vom Baum der Erkenntnis gegessen habe, so antworte dieser nicht schuldbewusst mit einem "Ja, ich war es", sondern er schiebe die Schuld von sich, mehr noch, er beschuldige Gott selbst, indem er antworte: "Die Frau, die du mir beigestellt hast, sie hat mir von dem Baum gegeben. So habe ich gegessen".
Und auch Eva weise ihrerseits die Schuld von sich bzw. beschuldige die Schlange, sie verführt zu haben. "Genau das ist es, was wir Erbsünde nennen", führte Schönborn dazu aus: "Wir haben eine Neigung, uns zu verstecken vor Gott. Wir beschuldigen einander und geben die Schuld so weiter, anstatt sie anzunehmen." Damit bleibe die "endlose Geschichte" des Bösen in der Welt - Mariä Empfängnis erinnere allerdings daran, "dass es eine noch viel unendlichere Geschichte des Guten gibt".
Dass Maria ohne die Erbsünde empfangen worden sei, bedeute, dass sie „von Anfang an frei war von jeder Selbstbezogenheit und dadurch vollständig offen“ für den Heilsplan Gottes. Dieser gelte uns allen. „Alle sind wir von Begnadete, denn alle sind wir von Gott gesegnet und geliebt in seinem Sohn Jesus Christus“, schloss Kardinal Schönborn.
Vor dem Segen dankte Kardinal Schönborn ausdrücklich allen, die die Schutzmaßnahmen zur Ausbreitung der Pandemie durch ihr diszipliniertes Verhalten mittragen und drückte die Hoffnung aus, dass " wir alle schon bald zu unserem gewohnten und hoffentlich auch erneuerten Leben zurückkehren können.“
Der Festgottesdienst im Stephansdom wurde von Radio klassik Stephansdom sowie via Livestram auf Youtube.com/Erzdiözese Wien und Facebook.com/KardinalWien live übertragen.
Sowohl Radio klassik als auch die Erzdiözese Wien übertragen weiterhin täglich die Gottesdienste aus dem Stephansdom.