„Im Umgang mit der Liturgie“, so sagte Joseph Ratzinger, „entscheidet sich das Geschick von Glaube und Kirche.“ Im Bild: Joseph Ratzinger, Alois Kothgasser, Wien, 27.3.2004
„Im Umgang mit der Liturgie“, so sagte Joseph Ratzinger, „entscheidet sich das Geschick von Glaube und Kirche.“ Im Bild: Joseph Ratzinger, Alois Kothgasser, Wien, 27.3.2004
Zum 90. Geburtstag von Papst Benedikt XVI. am 16. April: Abt Maximilian Heim (Stift Heiligenkreuz) über die bleibende Bedeutung der Theologie von Joseph Ratzinger/Papst Benedikt XVI.
Er hat seine Dissertation über das Kirchenverständnis von Joseph Ratzinger geschrieben und kennt die Theologie von Joseph Ratzinger/Papst Benedikt XVI. bestens: Maximilian Heim, Abt des Zisterzienserstiftes Heiligenkreuz im Wienerwald. 2011 hat Abt Maximilian in Rom als erster deutschsprachiger Theologe den erstmals vergebenen „Benedikt XVI.-Preis“ entgegengenommen.
2007 besuchte Benedikt XVI. Heiligenkreuz, die dortige Hochschule trägt seit einigen Jahren seinen Namen.
Sie kennen die Theologie von Joseph Ratzinger/Benedikt XVI., Sie sind Mitglied des erweiterten Schülerkreises. Was zeichnet seine Theologie aus?
Abt Maximilian: Es ist eine Theologie, die ganz aus dem Atem des Glaubens lebt. Es geht Joseph Ratzinger/Papst Benedikt nie um eine Eigen-Profilierung von Theologie, sondern um das Credo der Kirche, da er selbst sich diesem „größeren Wir“ des Glaubens verpflichtet weiß. Dabei ist es ihm ein Anliegen, den Glauben in seiner Einheit und Einfachheit zu verteidigen, damit die Wahrheit des Glaubens alle Menschen erreichen kann.
Was ist dann die Mitte dieser profunden Theologie?
Abt Maximilian: Die Mitte der Theologie ist der gekreuzigte und auferstandene Christus, der sein Herz geöffnet hat für alle Menschen und Völker und der mit dem Blick der barmherzigen Liebe jeden Menschen anblickt. Es geht hier also nicht um ein „Lehr-Gebäude“, sondern um den menschgewordenen Sohn Gottes, der sich auch heute dem Glaubenden schenkt in seinem Wort und Sakrament und dessen Liebe niemanden ausschließt.
Aus welchen Quellen schöpft der Jahrhunderttheologe Joseph Ratzinger?
Abt Maximilian: Als Theologe schöpft er aus den Quellen von Schrift und Tradition, also aus den Äußerungen des kirchlichen Lehramtes – und hier vor allem aus den Ausführungen der Kirchenväter –, wie aus dem gefeierten Glauben in der Liturgie und dem gelehrten Glauben der Theologen.
Als philosophisch und universal denkender Geist ist er sich bewusst, dass „die Kultur Europas aus der Begegnung von Jerusalem, Athen und Rom – aus der Begegnung zwischen dem Gottesglauben Israels, der philosophischen Vernunft der Griechen und dem Rechtsdenken Roms entstanden“ ist. Aus dieser Gesamtschau wird er schon früh zum prophetischen Mahner in einer dem Relativismus verfallenen säkularisierten Gesellschaft.
Welche theologischen Leitsterne und Lehrer der Kirche prägten die Arbeit von Joseph Ratzinger?
Abt Maximilian: Joseph Ratzinger hat seine theologische Formung erfahren durch die Kirchenväter, von den großen scholastischen Denkern, besonders durch den hl. Augustinus und den hl. Bonaventura. Aber auch Henri de Lubac, Hans Urs von Balthasar und nicht zuletzt sein Doktorvater Gottlieb Söhngen sind Leitsterne seiner Theologie. Auch die Hochschätzung des jüdischen Erbes der Theologie ist für Joseph Ratzinger charakteristisch.
Welche Bedeutung haben die drei Jesus-Bücher von Papst Benedikt XVI. für unsere Sicht von Jesus, dem Christus?
Abt Maximilian: Nicht nur katholische Christen, auch viele evangelische und orthodoxe sind dem emeritierten Papst sehr dankbar, dass er den Blick auf Jesus Christus, als dem wahren Sohn Gottes und wahren Menschensohn, evangeliumsgemäß und authentisch verständlich dargestellt hat. Der biblisch bezeugte Christus ist auch der wirklich historisch bestätigte Jesus von Nazareth.
Andere Konstrukte um die Person Jesu verfehlen oft die eigentliche Mitte seiner Persönlichkeit, die bereits vom Konzil von Chalcedon (451) feierlich verkündet wurde: Jesus Christus ist wahrer Gott und wahrer Mensch.
Die Heiligenkreuzer Hochschule ist nach Benedikt XVI. benannt. Was bedeutet dieser Auftrag für Heiligenkreuz?
Abt Maximilian: Es gilt die theologischen Grundlinien Joseph Ratzingers nachzuzeichnen und seinem Auftrag gerecht zu werden, Wissenschaft und Gottverlangen nicht als Gegensätze zu sehen, sondern durch eine kniende Theologie zu verlebendigen. Es ist notwendig, in der Nachfolge Christi Intellektualität und Spiritualität als komplementäre Größen aufeinander zu beziehen.
Welche Bedeutung hatte der deutsche Papst für die Kirche?
Abt Maximilian: Wie ich bereits ausführte, ist Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. ein so universal Denkender, der sich wahrscheinlich nicht gerne als „deutscher Papst“ bezeichnen würde, sondern eher als der 265. Petrus-Nachfolger.
Worüber ich traurig war, ist, dass seine eigenen Landsleute ihn oft in den Medien verzeichneten und bisweilen eine Karikatur seines Denkens und Glaubens erstellt haben. Vielleicht war es deshalb auch bezeichnend, dass seine Selbstbiografie zunächst nicht auf Deutsch, sondern auf Italienisch erschien. Auf ihn trifft das Wort Jesu zu, dass der Prophet in seiner eigenen Heimat oft am wenigsten geehrt wird (vgl. Johannesevangelium 4,44).
Welches Werk von Joseph Ratzinger schätzen Sie am meisten?
Abt Maximilian: Am meisten schätze ich den elften Band seiner Gesammelten Schriften: „Theologie der Liturgie“ (Herder-Verlag). Er entspricht ganz dem monastischen Selbstverständnis nach dem Wort der Regel des hl. Benedikt: „Dem Gottesdienst ist nichts vorzuziehen.“ (RB 43,3) „Im Umgang mit der Liturgie“, so sagte Joseph Ratzinger, „entscheidet sich das Geschick von Glaube und Kirche.“
Maximilian Heim OCist, Abt des Zisterzienserstiftes Heiligenkreuz im Wienerwald.
Heiligenkreuz 1,
2532 Heiligenkreuz im Wienerwald
Joseph Alois Ratzinger wurde am 16. April 1927, einem Karsamstag, in Marktl am Inn (Bayern) geboren. Von 1946 bis 1951 studierte Ratzinger katholische Theologie und Philosophie in Freising und München. Im Freisinger Dom empfingen 1951 Joseph Ratzinger und sein Bruder Georg die Priesterweihe.
1953 wurde Ratzinger zum Doktor der Theologie promoviert, 1957 habilitierte er sich an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Er lehrte dann in Freising, Bonn, Münster, Tübingen und Regensburg. 1977 wurde er zum Erzbischof von München ernannt, 1981 zum Präfekten der Kongregation für die Glaubenslehre.
Vor seinem Pontifikat war Joseph Ratzinger zuletzt Dekan des Kardinalskollegiums und Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre.
Er war einer der einflussreichsten Kardinäle und in theologischen und kirchenpolitischen Fragen die rechte Hand von Papst Johannes Paul II.
Das Konklave, an dem 115 Kardinäle teilnahmen, begann am 18. April 2005. Am Nachmittag des 19. April fiel die Wahl schon im vierten Wahlgang auf Joseph Ratzinger.
Er gab sich den Namen Benedikt XVI. im Gedenken an den Ordensgründer Benedikt von Nursia, Patron Europas, aber auch an Benedikt XV. (Papst von 1914 bis 1922), der als „Friedenspapst“ bezeichnet wurde, weil er sich im Ersten Weltkrieg sehr stark für den Frieden engagierte.
Papst Benedikt XVI. absolvierte 24 apostolische Reisen in das außeritalienische Ausland sowie 31 inneritalienische Pastoralreisen (einschließlich nach San Marino) und zwei italienische Staatsbesuche.
Er verfasste drei Enzykliken – 2006: „Deus caritas est“ („Gott ist Liebe“), 2007: „Spe salvi“ („Auf Hoffnung hin [sind wir] gerettet“) und 2009: „Caritas in veritate“ („Die Liebe in der Wahrheit“).
Die Enzyklika „Lumen fidei“ („Licht des Glaubens“) wurde von Benedikt XVI. begonnen und von seinem Nachfolger Franziskus beendet.
Am 11. Februar 2013 gab Benedikt XVI. während eines Konsistoriums bekannt, zum 28. Februar 2013, 20 Uhr MEZ „auf das Amt des Bischofs von Rom, des Nachfolgers Petri, ... zu verzichten“. Er sei „zur Gewissheit gelangt“, dass seine Kräfte infolge des vorgerückten Alters nicht mehr geeignet seien, „um in angemessener Weise den Petrusdienst auszuüben“.
Benedikt XVI. ist emeritierter Papst und war vom 19. April 2005 bis zu seinem Amtsverzicht am 28. Februar 2013 Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche und des Staates der Vatikanstadt.
Er war der erste deutsche Papst seit Hadrian VI. (1523) und nach Coelestin V. (1294) der zweite Papst der Geschichte, der freiwillig von seinem Amt zurücktrat.
Die Philosophisch-Theologische Hochschule Benedikt XVI. Heiligenkreuz will gute Priester für das 21. Jahrhundert ausbilden. Der Zulauf ist enorm, daher platzt die Hochschule seit Jahren aus allen Nähten.
Immer mehr Priesterstudenten und Ordensleute wollen in Heiligenkreuz studieren. Gerade auch Priesterstudenten aus den ärmeren Ländern der Welt brauchen Unterstützung.
Sie bauen die Zukunft der Kirche mit auf, wenn Sie die Priesterausbildung unterstützen.
Die Spenden sind steuerlich absetzbar.
Info: hilfe@hochschule-heiligenkreuz.at,
Tel. 02258/8703-400.
HRSG: Gerhard L Müller
Die sakramentale Begründung christlicher Existenz
2014, Verlag Herder
Auflage: 4. erneut durchges. Aufl.
Hardcover
757 Seiten
ISBN: 978-3-451-29947-6
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