Religionslehrer und Kabarettist Haider und Schuldirektorin Kopetzky bei "5vor12-Talk" über soziales und kreatives Lernen, Schulautonomie und Bereitschaft von Lehrern in Ordensschulen zu außerordentlichem Engagement.
Dem Thema Bildung und Schule haben die heimischen Ordensgemeinschaften im September und Oktober einen besonderen inhaltlichen Schwerpunkt gewidmet. Dabei sind gerade Ordensschulen um ein "Erfahrungslernen" bemüht, das über bloßes Ausbildungswissen hinausreicht und den Menschen vielmehr berührt und Lernen nachhaltig macht. Schüler würden lernen leichter, wenn sie im Schulalltag vielfältige Erfahrungen abseits des Regelunterrichts in der Klasse machen können, so die Maxime in den Ordensschulen.
Auf dieses Prinzip machte auch der jüngste "5vor12-Talk" aufmerksam, zu dem sich auf der traditionsreichen Kabarettbühne des CasaNova Vienna in der Wiener Dorothergasse der Kabarettist und Lehrer Stefan Haider und die Schuldirektorin Gabriela Kopetzky eingefunden hatten.
Kopetzky, Schulleiterin der Privaten Neue Mittelschule des Schulvereins der Grazer Schulschwestern, berichtete aus ihrer Praxis: Die Kinder und Jugendlichen hätten an die Schule weit mehr Erwartungen als die bloße Vermittlung von Fachwissen. Eine Erfahrung, die auch Stefan Haider als Religionslehrer an zwei Berufsbildenden höheren Schulen in Wiener Neustadt teilen konnte. "Die fachliche Kompetenz der Lehrer ist sehr wichtig. Doch auch der Wunsch nach dem Sozialen in der Klasse ist stark ausgeprägt; sozusagen was an Leben in der Schule passiert. Die Jugendlichen sind bei uns ca. 45 Stunden in der Woche; das ist ein Lebensraum."
Die Schule müsse diesen Erwartungen nachkommen, betonte Direktorin Kopetzky. Das sei sogar "das Um und Auf einer Schule". Die fachliche Kompetenz sei unbestreitbar wichtig, doch abseits der Hauptfächer wie Deutsch, Englisch oder Mathematik seien es vor allem die Fächer im musischen, im kreativen und im sportlichen Bereich, ergänzt durch die Zusatzangebote am Nachmittag, die die Schule ausmachen. "Hier können die Kinder unabhängig von ihren kognitiven Leistungen eine Gemeinschaft entwickeln und etwas miteinander gestalten", so die Schulleiterin.
Um den Schülerinnen und Schüler heutzutage gerecht begegnen zu können, müssen die Lehrerinnen und Lehrer neben fachlicher Kompetenz auch "die Bereitschaft zur permanenten Fortbildung mitbringen", betonte Kopetzky. Und Haider ergänzte: "Wir müssen die Jugendlichen auf ein lebenslanges Fortbilden vorbereiten, und da müssen wir Lehrer mit gutem Vorbild vorangehen. Bildung ist ein lebenslanger Prozess."
Die Medien vermittelten oft den Eindruck, für das österreichische Bildungssystem schlage es bereits fünf vor zwölf. Das sei aber in der Realität nicht der Fall, befand Haider: "Jeden Tag gehen sehr, sehr viele Kinder in die Schule, und kommen dort Jahr für Jahr mit einem gewissen Bildungsschatz heraus, und das funktioniert. Es ist ungerecht, es schlecht zu reden."
Dennoch, wunschlos glücklich waren beide Schulexperten nicht. "Ich würde mir freuen, wenn es in Richtung mehr Freiheit, mehr Autonomie für die einzelnen Schulen gehen würde", sagte Haider. Die Schulleiter sollten dafür auch mehr Verantwortung übernehmen. "Zum Beispiel bei der Auswahl der Lehrerinnen und Lehrer oder bei der Positionierung ihrer Schule."
Ähnlich sah das auch Kopetzky: "Ich hoffe, dass es mehr Geld für Personal geben wird, nicht im administrativen, sondern im pädagogischen Bereich." Die Anforderungen an die Lehrerinnen und Lehrer würden, unabhängig von der fachlichen Vermittlung, immer größer. "Wenn mehr Personal da wäre, Sozialpädagogen, Psychotherapeuten, etc., dann wäre das ein großer Fortschritt", so die Grazer Schulleiterin.
Jede Schule steht und fällt mit ihren Lehrerinnen und Lehrer - und das sei auch das große Plus von Ordensschulen für die Zukunft, so der Tenor der Veranstaltung. "Ordensschulen haben deswegen einen guten Ruf, weil man weiß, die Menschen, die dort arbeiten, machen das nicht nur, um Geld zu verdienen, sondern auch mit großem Engagement", brachte es Haider auf den Punkt. "Deshalb spielt auch der ganze Bereich Persönlichkeits- und Herzensbildung eine große Rolle." Eltern, aber auch die jungen Menschen würden das sehr schätzen. Haider: "Man spürt einen besonderen Geist. So wie Bildung gelebt wird, aus dem christlichen Menschenbild heraus, ergibt das eine ganz besondere Atmosphäre."
In die gleiche Kerbe schlug Kopetzky: "Tatsache ist, Ordensleute werden immer weniger. Also müssen weltliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter versuchen, das Ordenscharisma weiterzutragen." Wenn ein Lehrer an ihrer Schule unterrichten will, dann erwarte sie sich, "dass sie oder er noch zusätzliche Fort- und Ausbildungen macht, die wir speziell für unseren Standort anbieten. Wir verlangen in diesem Bereich sicherlich mehr als eine öffentliche Schule. Aber genau das ist der Grund, warum man das Haus betritt und sich wohl fühlt."