Langsamer und unbeeinflusst von äußeren Interessensgruppen sollten Papstwahlen ablaufen, so der Kirchenhistoriker Alberto Melloni.
Langsamer und unbeeinflusst von äußeren Interessensgruppen sollten Papstwahlen ablaufen, so der Kirchenhistoriker Alberto Melloni.
Kirchenhistoriker Melloni betont die dringende Notwendigkeit einer Reform des Konklave-Ablaufs im Zeitalter von Social Media und Künstlicher Intelligenz.
In der Geschichte der Kirche war es zunächst Sache der römischen Familienclans und später der europäischen Herrscherhäuser, Einfluss auf die Wahl eines neuen Papstes zu nehmen. Letztere griffen wiederholt auf ein altes Vetorecht zurück. Der letzte, der davon Gebrauch machte, war Kaiser Franz Joseph I. im Konklave von 1903. Papstwahlordnungen zielten daher meist auf die Unabhängigkeit der Papstwähler und damit auf die Freiheit der Kirche ab.
Angesichts der zahlreichen Möglichkeiten, über soziale Medien und mithilfe künstlicher Intelligenz Einfluss auf die öffentliche Meinung und Entscheidungsfindung zu nehmen, fordert der renommierte Kirchenhistoriker Alberto Melloni von der Universität Bologna eine dringende Reform der Papstwahl.
Melloni warnt vor den Gefahren gezielter Kampagnen, die heute die Wahl des Papstes beeinflussen können, insbesondere vor dem Hintergrund des Missbrauchsskandals. Durch gezielte Kampagnen könnten potenzielle Kandidaten bereits im Vorfeld diskreditiert und somit als unwählbar werden.
Der Historiker kritisiert die geltende Wahlordnung, da sich innerhalb kürzester Zeit Mehrheiten hinter dem Kandidaten bilden, der in den ersten beiden Wahlgängen zum Favoriten gewählt wird. Die Papstwahlen von 2005 und 2013 wurden in weniger als 24 Stunden abgeschlossen, was angesichts der drohenden Risiken viel zu kurz ist.
Melloni schlägt zwei entscheidende Änderungen vor. Erstens sollte zwischen den Wahlgängen immer ein ganzer Tag zur Reflexion und Diskussion liegen, um den medialen Druck aus dem Konklave zu nehmen. Zweitens sollte der Gewählte am Ende mit Zweidrittelmehrheit einen ganzen Tag Zeit haben, um eine wohlüberlegte Entscheidung über die Annahme der Wahl zu treffen, nachdem er Gelegenheit zur Beratung hatte.
Alberto Melloni betont, dass die Integrität und Unabhängigkeit der Papstwahl in einer digitalisierten Welt auf dem Spiel stehen und damit auch die Freiheit der Kirche. In den letzten Jahren hat Melloni wiederholt die Reform des Konklaves gefordert.
Vor wenigen Monaten waren Gerüchte über eine bevorstehende radikale Neuordnung der Papstwahl durch Papst Franziskus im Umlauf. Diese und ähnliche offensichtlichen Falschmeldungen stützen Mellonis These, dass die Gefahr der Einflussnahme von Pressuregroups real ist.