"Maria und Josef haben ihr Kind Gott anvertraut, von dem sie es empfangen hatten", erklärt Kardinal Christoph Schönborn im Blick auf das Fest "Darstellung des Herrn" (2. Februar)
"Maria und Josef haben ihr Kind Gott anvertraut, von dem sie es empfangen hatten", erklärt Kardinal Christoph Schönborn im Blick auf das Fest "Darstellung des Herrn" (2. Februar)
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium am Sonntag, 2. Februar 2014
Für mich geht erst heute die Weihnachtszeit zu Ende. Auch den Christbaum entsorgen wir nicht früher, obwohl er schon kräftig Nadeln lässt. Und die Krippe steht noch da. Morgen werden die Figuren eingepackt fürs nächste Weihnachtsfest. Die Älteren erinnern sich, dass das früher üblich war. Mit "Maria Lichtmess", dem 2. Februar, endete der Weihnachtsfestkreis. Ein wenig gilt das immer noch, zumindest im Festkalender der Kirche. Wie ist das zu verstehen?
Wir dürfen nie vergessen, Jesus ist das jüdische Kind jüdischer Eltern. Maria und Josef haben sich genau an die Gesetze und Regeln ihrer Religion gehalten. Acht Tage nach seiner Geburt haben sie Jesus beschneiden lassen. Vierzig Tage nach seiner Geburt gehen sie zum Tempel, um ein Opfer darzubringen, das ganz aus ihrer jüdischen Tradition zu verstehen ist. Nach biblischer Vorschrift muss der erstgeborene Sohn "ausgelöst" werden. Eigentlich gehört alle Erstgeburt Gott. Durch ein Opfer wird sie gewissermaßen von Gott "losgekauft". Die Tiere werden statt des Sohnes Gott geopfert.
Vierzig Tage nach der Geburt muss aber auch die Mutter ein Opfer darbringen, zum Zeichen ihrer "Reinigung" nach der Niederkunft. Beides machen Maria und Josef, indem sie die vom Gesetz des Mose vorgeschriebenen Opfer darbringen.
Diese uralten Riten, die die Geburt eines Kindes umgeben, sind uns heute weitgehend fremd. Was soll dieser "Loskauf" des Kindes, was die "Reinigung" der Mutter? Ich sehe darin doch eine tiefere Bedeutung, und nicht nur einen Überrest aus alter Zeit. Damit wird deutlich gemacht: Das Kind gehört Gott. Den Eltern ist es anvertraut, es ist nicht ihr Besitz. Zu der "Darstellung im Tempel" geben sie es Gott zurück, von dem alles Leben kommt, auch das Leben ihres Kindes.
Viele Eltern empfinden so etwas, wenn sie ihr Kind zur Taufe bringen: Sie legen es in Gottes Hand und vertrauen es seiner Obhut und Sorge an. Und sie bekommen ihr Kind als Neugetauftes wieder zurück, gewissermaßen als Leihgabe, als Auftrag. Aber sie sollen sich bewusst bleiben, dass sie nicht Besitzer ihrer Kinder sind, sondern dass sie ihnen anvertraut sind.
Maria und Josef haben ihr Kind Gott anvertraut, von dem sie es empfangen hatten. Dieses Loslassen fiel ihnen nicht immer leicht. Maria hat schmerzlich lernen müssen, ihren Sohn ganz freizugeben für seinen Weg. Am Schwersten muss es gewesen sein, als sie ihn am Kreuz sterbend erlebte.
Damals im Tempel wurde sie bereits darauf vorbereitet. Ein alter Mann, Simeon, trat in der Menschenmenge auf sie zu und sprach zu ihnen erstaunliche, rätselhafte Worte. Er habe lange Jahre auf diesen Moment gewartet, ihn ersehnt. Jetzt hielt er dieses Kind in den Armen, das so vielen Menschen Licht und Hoffnung bringen sollte. Er sagt aber auch dem Kind und der Mutter großes Leid voraus. Sicher konnte Maria in all den kommenden Jahren diese Begegnung und diese Worte nie vergessen.
Am heutigen Fest werden in den Kirchen Kerzen gesegnet, Lichter entzündet ("Maria Lichtmess"). Das Licht vom Stall von Bethlehem soll weiter leuchten, "ein Licht, das die Heiden erleuchtet", sagt der alte Simeon. Erst wenn dieses Licht in unseren Herzen angekommen ist, hat sich Weihnachten für uns erfüllt. Wie wünsche ich mir, dass es wie zu Simeon auch bis zu uns gelangt!
Evangelium am Fest "Darstellung des Herrn"/ "Maria Lichtmess", 2. Februar 2014
Lk 2, 22-32
Es kam für die Eltern Jesu der Tag der vom Gesetz des Mose vorgeschriebenen Reinigung. Sie brachten das Kind nach Jerusalem hinauf, um es dem Herrn zu weihen, gemäß dem Gesetz des Herrn, in dem es heißt: Jede männliche Erstgeburt soll dem Herrn geweiht sein. Auch wollten sie ihr Opfer darbringen, wie es das Gesetz des Herrn vorschreibt: ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben. In Jerusalem lebte damals ein Mann namens Simeon. Er war gerecht und fromm und wartete auf die Rettung Israels, und der Heilige Geist ruhte auf ihm. Vom Heiligen Geist war ihm offenbart worden, er werde den Tod nicht schauen, ehe er den Messias des Herrn gesehen habe. Jetzt wurde er vom Geist in den Tempel geführt; und als die Eltern Jesus hereinbrachten, um zu erfüllen, was nach dem Gesetz üblich war, nahm Simeon das Kind in seine Arme und pries Gott mit den Worten: Nun lässt du, Herr, deinen Knecht, wie du gesagt hast, in Frieden scheiden. Denn meine Augen haben das Heil gesehen, das du vor allen Völkern bereitet hast, ein Licht, das die Heiden erleuchtet, und Herrlichkeit für dein Volk Israel.