"Wir müssen unsere Hilfe und Arbeit mit den Flüchtlingen fortsetzen. Wir können nicht aus Angst vor einem einzelnen potenziellen Terroristen tausende andere Flüchtlinge vor die Tür setzen."
"Wir müssen unsere Hilfe und Arbeit mit den Flüchtlingen fortsetzen. Wir können nicht aus Angst vor einem einzelnen potenziellen Terroristen tausende andere Flüchtlinge vor die Tür setzen."
Präsidentin der Vereinigung der Frauenorden Österreichs: "Wir können nicht aus Angst vor einem einzelnen potenziellen Terroristen tausende andere Flüchtlinge vor die Tür setzen"
Die jüngsten Terroranschläge in Paris dürfen nicht zu einer Spaltung der Gesellschaft führen. Das hat die Präsidentin der Vereinigung der Frauenorden Österreichs (VFÖ), Sr. Beatrix Mayrhofer, im "Kathpress"-Interview betont. Sie warnte bei aller Betroffenheit vor einem Generalverdacht gegen alle Flüchtlinge: "Wir müssen unsere Hilfe und Arbeit mit den Flüchtlingen fortsetzen. Wir können nicht aus Angst vor einem einzelnen potenziellen Terroristen tausende andere Flüchtlinge vor die Tür setzen." Dies wäre ein großes Unrecht. Die Menschen seien genau deshalb in Europa, weil sie vor dem Terror in ihrer Heimat geflohen sind.
Trotzdem gelte es selbstverständlich, mit Realismus auf das Gefahrenpotenzial des Terrorismus zu blicken. Dabei dürfe aber Terror nicht mit dem Islam gleichgesetzt werden, so die Ordensfrau. Den Dialog mit den Muslimen müsse fortgesetzt werden.
Mayrhofer unterstrich einmal mehr, dass die Orden im Bereich Flüchtlinge sehr viel leisten. "Wir können nicht alle Probleme für die Gesellschaft lösen, aber wir können viele konkrete Beiträge leisten." Der Fokus liege dabei vor allem auf der Integration der Flüchtlinge. "Wir wollen uns vor allem um jene kümmern, die Asyl bekommen haben und nicht mehr in der Grundversorgung sind." In diesem Bereich liege die Stärke der Ordensgemeinschaften, "wenn wir etwa Familien in den Klöstern aufnehmen und über einen längeren Zeitraum betreuen und begleiten".
Scharf ging Mayrhofer mit dem von der Regierung anvisierten "Asyl auf Zeit" ins Gericht. Es handle sich dabei lediglich um einen Versuch, öffentlich Härte zu zeigen. Ganz abgesehen vom extremen administrativen Aufwand sei dies der Integration von Flüchtlingen gänzlich abträglich. "Wie soll jemand Motivation zur Integration zeigen, wenn er keine Sicherheit hat", fragte Mayrhofer. Ganz schlimm und übel sei dies für Kinder, "die jetzt drei Jahre hier in die Schule gehen, voll integriert sind und dann vielleicht wieder weg müssen. Das ist ja völlig unvorstellbar."
Die VFÖ-Präsidentin forderte u.a. mehr Ressourcen wie Geld, Lehrer und Räumlichkeiten für die Schulen, damit Flüchtlingskinder gut integriert werden können. Große Sorgen macht sich Mayrhofer zudem um jene minderjährigen Flüchtlinge, die nicht mehr schulpflichtig sind und für die es derzeit aufgrund rechtlicher Bestimmungen keinen Platz in Schulen gibt. Hier bestehe dringender Änderungsbedarf.
Die Schulen müssten in diesem Bereich zudem mehr eigenverantwortliche Kreativität an den Tag legen, forderte die Ordensfrau. Als Beispiel verwies sie auf das Schulzentrum Friesgasse in Wien, wo sie selbst lange Jahre Direktorin war und die sich um eine Kooperation mit einem nahen Caritas-Heim für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge bemühte. Die Flüchtlinge könnten zwar nicht am Regelunterricht teilnehmen, würden aber zumindest viele Schulveranstaltungen mitmachen. Das sei zumindest ein erster Schritt.
Zur aktuellen Debatte rund um die Bildungsreform meinte Mayrhofer im "Kathpress"-Interview, dass eine Entbürokratisierung dringend notwendig sei. Die viel beschworene Schulautonomie mache nur dann Sinn, wenn die Schulen auch mit entsprechenden finanziellen Mitteln und personellen Ressourcen ausgestattet seien. "Wenn Autonomie nur darin besteht, die Verantwortung für nicht vorhandene Budgetmittel auf andere abzuschieben, dann bringt das natürlich nichts", warnte Mayrhofer.
Vom noch bis Anfang Februar laufenden "Jahr der Orden" zeigte sich die VFÖ-Präsidentin positiv überrascht. Innerkirchliche wie vor allem auch über die Kirche hinaus sei es gelungen, mit vielfältigen Aktionen und Initiativen auf die Orden und ihr Wirken in Kirche und Gesellschaft aufmerksam zu machen. Freilich gebe es immer noch einen großen Informationsbedarf.
Das "Jahr der Orden" war im November 2014 eröffnet worden und läuft offiziell noch bis 2. Februar 2016. Parallel dazu beginnt bereits am 8. Dezember das von Papst Franziskus ausgerufene "Jahr der Barmherzigkeit". Für die Ordensgemeinschaften bedeute das einen fließenden Übergang, so Sr. Mayrhofer: "Für uns ist das ein Anstoß, vieles, was im 'Jahr der Orden' begonnen hat, nun im 'Jahr der Barmherzigkeit' fortzusetzen." Dabei wollten die Orden Barmherzigkeit nicht nur als spirituelles Thema sondern auch im sozialen Kontext sehen. "Es muss uns auch darum gehen, wie wir Barmherzigkeit in eine gesellschaftliche Kultur umsetzen und übersetzen können." Die Orden seien immer schon "sehr nah dran gewesen an den Nöten der Menschen", so Mayrhofer: "Wir sind bei den Menschen und für sie da. Das müssen wir auch entsprechend transportieren."
Die Ordensgemeinschaften in Österreich: