Sr. Laurentine Fallnbügl: Der SONNTAG gehört seit Jahrzehnten zur wöchentliche Lektüre.
Sr. Laurentine Fallnbügl: Der SONNTAG gehört seit Jahrzehnten zur wöchentliche Lektüre.
Sr. M. Laurentine Fallnbügl feiert ihren 100. Geburtstag. Im Inter-view erzählt sie über fast 80 Jahre glückliches Ordensleben, mit „Mascherlschwestern“ und „schrecklicher“ Gartenarbeit – und übers Beten, übers Stricken und ihre Sterbestunde.
Kommen Sie ruhig herein“, ruft Sr. M. Laurentine Fallnbügl FDC und legt ihr Strickzeug aus der Hand.
Beten, Stricken, Lesen und nach dem Essen in der Mittagspause auch einmal Karten spielen, das sind die großen Fixpunkte in ihrem jetzigen Lebensabschnitt. Sr. Laurentine, eine waschechte Wienerin, wirkt glücklich und zufrieden.
Sie blickt auf ein erfülltes Ordensleben zurück: „Ich bereue keinen einzigen Tag“, sagt die Schwester von den „Töchtern der göttlichen Liebe“, die im Mutterhaus in der Jacquingasse (Wien 3) wohnt.
Gespannt und aufmerksam wirkt sie beim Gespräch, das der SONNTAG wenige Tage vor ihrem 100. Geburtstag am 2. Oktober mit ihr führte: „Was soll ich sagen?
Ich fühle mich nicht so alt. Ach Gott, ich fühle mich wie achtzig.“ (Sie lacht).
Wie gehen Sie mit dieser geschenkten Zeit um? Wofür haben Sie jetzt im Alter noch mehr Zeit?
Sr. M. Laurentine Fallnbügl: Zum Lesen habe ich jetzt mehr Zeit, ich lese die STADT GOTTES, den SONNTAG und alle Zeitschriften, die mir die Schwestern aufs Zimmer bringen. Und ich habe auch mehr Zeit zum Beten. Und für das bisschen Arbeiten, so weit es mir möglich ist. Ich stricke Deckerln für unsere Missionsstation in Uganda.
Welche Rolle spielt dabei die Gelassenheit?
Sr. M. Laurentine Fallnbügl: Ich brauche an nichts zu denken, an keine Arbeit. Ich bin mehr für mich allein, habe aber auch die Gemeinschaft meiner Mitschwestern, die mich trägt und hält. Ich kann mich ganz der Strickerei hingeben und ich kann mich dem Beten hingeben. Allein oder auch in der Gemeinschaft.
Was raten Sie jenen, die im Alter mutlos werden?
Sr. M. Laurentine Fallnbügl: Da kann ich nur sagen, man braucht nicht zu verzweifeln. Eine sinnvolle Beschäftigung hilft immer, auch gegen die Altersmüdigkeit.
Was hätten Sie – im Rückblick betrachtet – gerne anders gemacht?
Sr. M. Laurentine Fallnbügl: Ich denke mir oft: Ich möchte es jetzt wieder so machen, wie es von Anfang an war. Mit Begeisterung. Ich war und bin ganz glücklich in meinem Ordensleben bis heute.
Tief im Ersten Weltkrieg wurden Sie am 2. Oktober 1916 in Wien-Hernals geboren, als Franz Joseph noch Kaiser und Papst Benedikt XV. Bischof von Rom war… Welche Erinnerungen haben Sie an ihre Kindheit?
Sr. M. Laurentine Fallnbügl: Ich bin während des Kriegs zur Welt gekommen. Von den ersten Jahren weiß ich jetzt nicht mehr viel, das ist ja auch schon lange her (sie lacht). Wir haben ganz gut gelebt, wir haben alles gehabt.
Haben Sie Geschwister?
Sr. M. Laurentine Fallnbügl: Ja, drei. Aber alle drei sind schon gestorben.
Wenn Sie auf Ihr erfülltes Leben zurückschauen, wie weit gehen die Erinnerungen zurück?
Sr. M. Laurentine Fallnbügl: Im Kindergarten war ich immer bei Ordenschwestern, die Volksschule besuchte ich in der Kindermanngasse und ich war dann im Internat bei den Barmherzigen Schwestern in der Antonigasse.
Wo und wie machten Sie die ersten guten Erfahrungen mit den Töchtern der göttlichen Liebe?
Sr. M. Laurentine Fallnbügl: In der Lacknergasse, wo ich intern war. Dort sind wir spazierengegangen, und die Zöglinge von unten sind auch spazierengegangen, da habe ich die ersten Schwestern kennengelernt. Da haben wir noch gelacht über die Mascherln der Ordenskleidung, wir nannten die Nonnen die „Mascherln-Schwestern“.
Warum wählten Sie ausgerechnet die „Töchter der göttlichen Liebe“ als Orden aus?
Sr. M. Laurentine Fallnbügl: Ich habe mir immer gedacht, ich will ins Kloster gehen und ich will eine Schwester werden. Der Orden der „Töchter der göttlichen Liebe“ hat mir einfach besser gefallen, auch wegen der Tracht. Eine von diesen Schwestern wollte ich werden. Ich hatte einfach das Bedürfnis, im Kloster zu sein.
Sie haben Ihre ersten Gelübde 1938 abgelegt, als Österreich Teil des Deutschen Reiches geworden war. Wie reagierten Ihre Eltern damals auf Ihre Entscheidung?
Sr. M. Laurentine Fallnbügl: Meine Mutter war schon gestorben, und der Vater hat gemeint: Wenn ich glücklich bin, warum nicht. Wir durften damals auch schon nach vier Jahren die Ewige Profess, also die endgültige Bindung an den Orden, ablegen.
Wo überall im Orden haben Sie in den vergangenen 78 Jahren gewirkt? Mit welchen Aufgaben?
Sr. M. Laurentine Fallnbügl: (Sr. Laurentine lacht wieder) Die erste Station war Breitenfurt, da habe ich zuerst in der Waschküche gearbeitet, das war eine sehr schwere Arbeit. Nach Lungenproblemen empfahl mir der Arzt, im Freien zu arbeiten. So kam ich zur Gartenarbeit. Im Garten war es schrecklich, da bekam ich Kreuzschmerzen.
Aber ich wollte immer zur Ökonomie, da ging es mir dann besser. Ich habe alles Mögliche gelernt, letztlich war ich immer fröhlich bei der Arbeit. Dann kam Unterstinkenbrunn, da war ich Sakristanin und im Haus tätig. Danach bin ich nach Kagran gekommen, habe im Kindergarten und im Haus gearbeitet.
1972 kam ich dann in die Marienanstalt, später ins Mutterhaus, wo ich Obdachlose und Arme mit Essen versorgt habe und die Sakristei und Kirche betreut habe.
Welche Bedeutung hat für Sie das regelmäßige Gebet?
Sr. M. Laurentine Fallnbügl: Eine sehr große Bedeutung. Das Gebet erhält am Leben. Wir haben immer darauf geachtet, dass wir die Gebetszeiten einhalten konnten, besonders auch das gemeinsame Gebet.
Wofür sind Sie als mittlerweile Hundertjährige besonders dankbar?
Sr. M. Laurentine Fallnbügl: Für die Gnade der Berufung. Es war mein Wunsch seit meiner Kindheit, schon von klein auf, Klosterschwester zu werden. Und ich durfte es werden, dafür bin ich sehr dankbar.
Haben Sie eine Lieblings-Bibelstelle?
Sr. M. Laurentine Fallnbügl: Ja, das „Magnificat“ aus dem Lukas-Evangelium („Meine Seele preist die Größe des Herrn...“). Das bete ich einfach gern.
Haben Sie einen Lieblings-Heiligen?
Sr. M. Laurentine Fallnbügl: Den hl. Josef, den Patron der Sterbenden, verehre ich besonders. Ihn bitte ich immer um eine gute Sterbestunde, denn das ist jetzt für mich im Leben das Wichtigste.
Was wollen Sie noch unbedingt in Ihrem Leben erledigen? Haben Sie Wünsche?
Sr. M. Laurentine Fallnbügl: Ich habe eigentlich keine besonderen Wünsche mehr. Außer dass ich einmal, wenn es soweit ist, eine gute Sterbestunde habe, das ist derzeit mein großer Wunsch.
Töchter der Göttlichen Liebe Mutterhaus
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