Kardinal Karl Lehmann galt als Brückenbauer und Mann des Dialogs der katholischen Kirche mit der modernen Gesellschaft.
Kardinal Karl Lehmann galt als Brückenbauer und Mann des Dialogs der katholischen Kirche mit der modernen Gesellschaft.
Von 1987 bis 2008 leitete er die deutsche Bischofskonferenz.
Kardinal Karl Lehmann ist tot. Der langjährige Bischof von Mainz und Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz starb am frühen Sonntagmorgen im Alter von 81 Jahren in Mainz. Fast 33 Jahre lang, von Anfang Oktober 1983 bis zum Rücktritt an seinem 80. Geburtstag am 16. Mai 2016, war Lehmann Bischof von Mainz. Von 1987 bis 2008 leitete er die Bischofskonferenz. Anfang 2001 erhob ihn der damalige Papst Johannes Paul II. zum Kardinal.
"Das Bistum Mainz trauert um einen weit über die Kirche hinaus hoch angesehenen Theologen und Seelsorger, einen leidenschaftlichen Brückenbauer zwischen den Konfessionen und einen Zeugen des Glaubens inmitten der Gesellschaft", erklärte Lehmanns Nachfolger, Bischof Peter Kohlgraf, am Sonntag in Mainz: "Wir verlieren einen allseits geliebten Bischof, der mit seiner Lebensfreude, seiner Menschlichkeit und seinem Glaubenszeugnis in den vielen Jahren seines Wirkens nicht nur im Bistum Mainz, sondern auch in der Deutschen Bischofskonferenz als langjähriger Vorsitzender Herausragendes geleistet hat."
Lehmann galt als Brückenbauer und Mann des Dialogs der katholischen Kirche mit der modernen Gesellschaft. Er stand für ein weltoffenes, lebensbejahendes Christentum und für ökumenische Offenheit, genoss höchstes Ansehen auch in der evangelischen Kirche, in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur.
Der Kardinal erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter mehrere Ehrendoktorwürden und das Große Bundesverdienstkreuz mit Stern und Schulterband. Er war Träger des Karl-Barth-Preises, des Romano Guardini-Preises, der Martin-Luther-Medaille der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), aber auch des "Ordens wider den tierischen Ernst" und des Champagne Preises für Lebensfreude. Die Stadt Mainz machte ihn zu ihrem Ehrenbürger, der Fußball-Bundesligist Mainz 05 zu seinem Ehrenmitglied.
Lehmann, im schwäbischen Sigmaringen geboren, erlebte als Assistent des Theologen Karl Rahner das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) und lehrte als Theologieprofessor zunächst in Mainz, später in Freiburg, bevor er mit 47 Jahren Bischof von Mainz wurde. Damals war er der jüngste katholische Bischof in Deutschland. Sein bischöflicher Wahlspruch lautete "State in fide" (Steht fest im Glauben).
Seine späte Ernennung zum Kardinal verdankte er auch der wohlwollenden Einflussnahme von Bundeskanzler Helmut Kohl. Als Mitglied des Kardinalskollegiums nahm Lehmann am Konklave im April 2005 teil, aus dem der konservative Kardinal Joseph Ratzinger als Papst hervorging. Beim Konklave im März 2013 wurde der bereits 2005 von Lehmann unterstützte Argentinier Jorge Mario Bergoglio zum Papst gewählt.
Nach offizieller, aber nicht gesicherter Zählung war Lehmann der 102. Bischof von Mainz. Mit Sicherheit war er der 87. Nachfolger des weithin als "Apostel der Deutschen" geltenden heiligen Bonifatius, der von 746 bis 754 Bischof von Mainz war. Ende August 2017 weihte Lehmann seinen Nachfolger auf dem Mainzer Bischofsstuhl, Peter Kohlgraf, im Dom zu Mainz zum Bischof.
Nach dem Tod des beliebten früheren Mainzer Bischofs, Kardinal Karl Lehmann, treffen zahlreiche Kondolenzadressen und Würdigungen ein. Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier schrieb dem Mainzer Bischof Peter Kohlgraf zum Tod von Kardinal Lehmann, dieser habe als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz und als Bischof von Mainz "über viele Jahre das Bild der katholischen Kirche in Deutschland maßgeblich mitgeprägt". Lehmann sei ein "Mann klarer Worte" gewesen, "der bei aller Nachdenklichkeit und Konzilianz auch die politische Kontroverse nicht scheute, wenn es um zentrale Fragen des Zusammenlebens in Staat und Gesellschaft ging."
Steinmeier betonte, der ökumenische Dialog habe dem Kardinal immer am Herzen gelegen. "Er war einer der wichtigen Brückenbauer zwischen den Konfessionen und Religionen. Dass er dabei nicht nur den eigenen Kräften vertraut hat, sondern auch mit der Gnade Gottes rechnete, merkten die Menschen, die ihm begegneten." Der Bundespräsident erinnerte auch an die Zuversicht und das ansteckende Lachen, das Lehmann ausgezeichnet habe. "Jedes Gespräch mit ihm war eine Bereicherung, sein Rat für mich von besonderem Wert."
Als einen Menschen mit bodenständiger Lebensfreude und großer intellektueller Kraft hat indes Bundeskanzlerin Angela Merkel Lehmann gewürdigt. Er sei ein prägender Kopf der katholischen Kirche in Deutschland gewesen, erklärte sie am Sonntag in Berlin. "Die große öffentliche Anteilnahme der letzten Tage an seinem Leiden hat gezeigt, wie sehr die Gläubigen ihren alten Bischof ins Herz geschlossen haben."
Sie denke mit tiefer Dankbarkeit "an unsere guten Gespräche und Begegnungen über viele Jahre", erklärte die Kanzlerin. Lehmann sei "ein begnadeter Vermittler, zwischen den deutschen Katholiken und Rom, im Geist der Ökumene zwischen den christlichen Kirchen, genauso aber zwischen Christen und den Gläubigen anderer Religionen" gewesen.
Die Deutsche Bischofskonferenz würdigte Lehmann als einen "großen Theologen, Bischof und Menschenfreund". Mit seinem Tod "verlieren wir einen warmherzigen und menschlichen Bischof, den eine große Sprachkraft auszeichnete", erklärte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, am Sonntag in Bonn. "Die Kirche in Deutschland verneigt sich vor einer Persönlichkeit, die die katholische Kirche weltweit wesentlich mit geprägt hat."
Weit über zwanzig Jahre habe Lehmann auch die Geschicke der Deutschen Bischofskonferenz als deren Vorsitzender geleitet und dabei Höhen und Tiefen erfahren, erklärte Marx. "Es ging ihm immer wieder um die Frage, wie eine menschendienliche und zugleich traditionsverpflichtete Kirche beschaffen sein sollte." Lehmann sei ein katholischer Weltbürger und überzeugter Europäer gewesen.
In die Amtszeit von Kardinal Lehmann seien so schwierige Momente wie die "Kölner Erklärung" von 1988, das Ringen um den richtigen Weg in der Schwangerenkonfliktberatung und das Bekanntwerden von Fällen sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche gefallen. "Besonders glückliche Momente waren für Karl Lehmann die Wiedervereinigung der beiden getrennten Bischofskonferenzen in die erste gesamtdeutsche Bischofskonferenz, die 1991 zusammentrat." Beim Deutschland-Besuch von Papst Johannes Paul II. 1996 habe der Kardinal den Papst beim Gang durch das Brandenburger Tor begleitet. Die ökumenische Annäherung sei ihm ein - theologisches und geistliches - Herzensanliegen gewesen.
"Kardinal Lehmann war ein beeindruckender Mensch und vorbildlicher Geistlicher, dessen Engagement und Arbeit national und international ungezählte Ehrungen erfuhren", betonte Marx. "Vor allem war Karl Lehmann Priester, Seelsorger und Bischof, ein begnadeter Theologe und ein guter Freund. Die theologische Finesse wird uns ebenso fehlen, wie seine kantigen Wortmeldungen."
Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) erklärte, Lehmann habe die Kirche immer als Gemeinschaft verstanden. "Immer suchte er den Konsens im fairen Dialog", sagte Präsident Thomas Sternberg. Mit seiner Offenheit und auf Verständigung zielenden Persönlichkeit sei es ihm gelungen, die Kirche in schweren Zeiten zusammenzuhalten und gelegentlich auch problematische römische Entscheidungen für alle Gläubigen zu übersetzen.
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) würdigte Lehmann als ermutigendes Beispiel für ein weltoffenes, lebensbejahendes Christentum. Er sei ein hoch angesehener Brückenbauer, ein Förderer der Ökumene und Mann des Dialogs zwischen Kirche, Gesellschaft und Politik gewesen.
Der am Sonntagmorgen verstorbene Mainzer Kardinal Karl Lehmann wird am 21. März in der Bischofsgruft des Mainzer Doms beigesetzt. Das Trauer-Requiem beginnt um 15.00 Uhr, wie die Diözese mitteilte. Ab Dienstag soll der Verstorbene in der Mainzer Seminarkirche aufgebahrt werden, dort können Trauernde Abschied nehmen und sich in ein Kondolenzbuch eintragen. Der Sarg Lehmanns werde dann am 21. März in einem Trauerzug durch die Mainzer Innenstadt zum Dom überführt, hieß es.
Deutsche Bischofskonferenz:
www.dbk.de