Er wolle Österreichs Schulen seine Anerkennung für ihre "ganz große Leistung" aussprechen, so Kardinal Schönborn.
Er wolle Österreichs Schulen seine Anerkennung für ihre "ganz große Leistung" aussprechen, so Kardinal Schönborn.
Kardinal Schönborn diskutierte u.a. mit Unternehmer Androsch über heimisches Bildungssystem.
Österreichs Schulen sind "nicht so schlecht wie oft behauptet wird": Das betonte Kardinal Christoph Schönborn am Mittwoch, 4. Juni 2014, im Rahmen einer Podiumsdiskussion in Wien. Er gehe mindestens zweimal im Monat in Schulen und habe so in den vergangen 20 Jahren Hunderte Schulen jeder Art besucht, gab der Wiener Erzbischof an. Er wolle Österreichs Schulen seine Anerkennung für ihre "ganz große Leistung" aussprechen, sei doch viel Engagement in einer Gesellschaft, in der der Erziehungsauftrag "massiv auf die Schule delegiert" werde, bewundernswert.
Dass Lehrer in Österreich so stark in der Kritik stünden, bezeichnete Schönborn als ein "großes Unrecht". Lehrer müssten oft sie überfordernde Situationen bewältigen. Der Wiener Erzbischof bemängelte weiters, dass es in der Bildungsdiskussion weitgehend nur um die Akademikerquote gehe. Genauso wichtig seien die Berufsschulen und die berufsbildenden mittleren und höheren Schulen, von denen es sehr gute im Land gebe. Durchaus sei das Schulsystem durchlässig: Man könne es in Österreich schließlich auch nach dem Besuch einer Hauptschule noch bis zum Doktorat schaffen.
Die Podiumsdiskussion im Wiener Palais Kaiserhaus stand unter der Frage "Lösen private Initiativen Österreichs Bildungsdefizit?". Veranstalter waren der Verband österreichischer Privatstiftungen und das Internationale Theologische Institut (ITI) Trumau. Mit diesem sei er selbst Mitgründer einer privaten Bildungsinitiative, wies Schönborn hin, Nachsatz: "Wir bekommen keinen Cent vom Staat." Die Gründung neuer Bildungseinrichtungen sei wichtig und wünschenswert und die Bildungsfrage zentral für die Zukunft des Landes, zeigte sich der Kardinal überzeugt.
Der Unternehmer, Ex-Finanzminister und Mitinitiator des Bildungsvolksbegehrens, Hannes Androsch, zeigte sich weniger überzeugt vom österreichischen Bildungssystem. Das Bildungsvolksbegehren aus dem Jahr 2011 habe zwar erreicht, dass Bildungspolitik in die öffentliche Diskussion gedrungen sei. Die "Leuchttürme retrograder Blockaden" habe man aber noch nicht aufbrechen können.
Vor allem im "elementarpädagogischen", also vorschulischen Bereich, hinke Österreich gegenüber den meisten entwickelten Ländern "um Lichtjahre hinterher", kritisierte Androsch. Geld sei grundsätzlich für das Schulsystem genug vorhanden, es werde jedoch falsch und ineffizient eingesetzt.
Bei der Finanzierung des Bildungsvolksbegehrens habe man mitverfolgen können, wem die Initiative ein Anliegen gewesen sei. Androsch hob die Industriellenvereinigung positiv hervor, betonte aber gleichzeitig, dass nur sehr wenige Wohlhabende finanzielle Unterstützung geleistet hätten. Laut Androsch könne es hilfreich sein, sich das Mäzenatentum anderer Länder zum Vorbild zu nehmen.
Der Bildungsexperte Andreas Salcher sagte, dass in Österreich derzeit zwei Diskussionen nebeneinander ablaufen würden: jene über die Finanzkrise und jene über die Bildungskrise. Beide würden aber zusammenhängen. Das Bildungsniveau bestimme die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes, die wiederum über den Wohlstand entscheide. Österreich zehre sehr von den Leistungen der Vergangenheit: "Wir waren ein Land mit einem sehr hohen Bildungsniveau und einem sehr hohen Wohlstandsniveau", so Salcher.
Um das duale Ausbildungssystem Schule-Lehre werde Österreich in Europa immer noch beneidet. Große Probleme gebe es aber bei Schülern aus "bildungsfernen Schichten". 21 Prozent der Pflichtschulabgänger könnten inzwischen nicht ausreichend lesen, schreiben und rechnen, kritisierte Salcher.
Der Präsident des Verbandes österreichischer Privatstiftungen, Veit Sorger, sagte, dass das Thema für den Verband ambivalent sei. Einerseits gebe es "großartiges Mäzenatentum", andererseits sei es vermögenden Personen auch nicht angenehm, wenn sie ständig mit neuen Forderungen nach Belastungen wie Steuern konfrontiert werden und Stiftungen zusätzlichen Einschränkungen unterliegen.
Sorger: "In unserem von Mutlosigkeit und Provinzialität geprägtem politischen Klima ist es schwierig, ein Klima zu erzeugen, das auch eine Freude am Schenken darstellt und entwickelt." Genau dieses Klima müsse aber erzeugt werden. "Einige große Stiftungen bewegen sich von Österreich weg", warnte Sorger. Dieser Wegzug müsse verhindert werden, was jedoch nicht mit Zwangsmaßnahmen geschehen dürfe. Gefordert seien Respekt vor Leistungen, Eigentum, Vermögen und der gleichzeitige Ruf nach Verantwortung der entsprechenden Leistungsträger, für die Zukunft Österreichs.