Bischof Manfred Scheuer und Patriarch Louis Sako bei einem Lokalaugenschein im Nordirak.
Bischof Manfred Scheuer und Patriarch Louis Sako bei einem Lokalaugenschein im Nordirak.
„Ninive-Ebene muss wieder eine der christlichen Kernlandschaften des Nahen Ostens werden".
"Danke für eure Solidarität, eure Geschwisterlichkeit, euer Mitfühlen mit den Christen an Euphrat und Tigris, die das christliche Erbe von zwei Jahrtausenden bewahren." Mit diesen Worten hat der chaldäische Patriarch Louis Raphael Sako in einem Schreiben den heimischen Hilfsorganisationen gedankt, die sich für die Rückkehr der vom IS vertriebenen christlichen Flüchtlinge in die nordirakische Ninive-Ebene einsetzen. Die Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände, CSI-Österreich, die Initiative Christlicher Orient, Kirche in Not und die Kardinal König Stiftung sind seit einigen Monaten gemeinsam im Rahmen der "Aktion Heimkehr" vor Ort aktiv.
Für die Ortschaft Baqofa wurde ein neuer Brunnen gegraben, der zahlreiche Familien mit Trinkwasser versorgt. Weiters gibt es u.a. finanzielle Hilfe für Familien, damit diese ihre zerstörten Häuser renovieren können. Unterstützung gibt es für die Aktion u.a. von den österreichischen Bundesländern, die 100.000 Euro zugesagt haben. Die Kardinal-König-Stiftung hat für den Bau einer Kirche in Baqofa bereits 50.000 Euro gesammelt. Die kirchlichen Hilfswerke appellierten dieser Tage auch an die künftige Bundesregierung, sich ebenfalls finanziell und politisch für die Not leidenden Christen im Irak einzusetzen.
Es sei wichtig, dass die Christen in ihre Häuser und Wohnungen zurückkommen, damit die Ninive-Ebene wieder eine der christlichen Kernlandschaften des Nahen Ostens wird, so Patriarch Sako in seinem Grußwort an die NGOs aus Österreich. Er sei zudem zuversichtlich, dass die Christen auch nach Mossul zurückkommen können.
Die einzige Lösung für die Zukunft des Irak sieht der Patriarch in einem "säkularen Staat mit der Trennung von Religion und Staat, ein Staat mit gleichen Rechten und Pflichten für alle Bürgerinnen und Bürger." Das sei auch der Ausgangspunkt für eine "wahre nationale Versöhnung, damit die Menschen im Irak nach den schrecklichen Ereignissen der Vergangenheit wieder miteinander leben können", so Sako.
Am 8. Dezember wurde in der Kleinstadt Telskof in der Ninive-Ebene die St. Georgs-Kirche neu eingeweiht. Dem festlichen Gottesdienst, zu dem tausende christliche Rückkehrer gekommen waren, stand der chaldäische Erzbischof von Erbil, Bashar Warda vor. Die Kirche war vom IS bzw. den Kampfhandlungen bei der Rückeroberung schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. Da der IS in Telskof aber nicht für lange Zeit Fuß fassen konnte, war die Kirche der völligen Zerstörung entgangen. Schon der Linzer Bischof Manfred Scheuer konnte bei seinem Besuch im vergangenen Februar in Telskof in der notdürftig wieder hergestellten Kirche gemeinsam mit Patriarch Sako und tausend Gläubigen einen Gottesdienst feiern. Inzwischen wurde die Kirche renoviert, wobei auch beträchtliche internationale Finanzmittel aufgewendet wurden. Vor allem "Kirche in Not" hat wesentlich dazu beigetragen.
Die schnelle Wiedereröffnung der Kirche sei auch ein starkes Zeichen der Hoffnung für alle anderen Dörfer in der Region, so Erzbischof Warda beim Gottesdienst und weiter wörtlich: "Der IS wollte uns auslöschen. Der IS ist verschwunden, wir sind da. Die christliche Präsenz bleibt erhalten."
Rund 40 Kilometer südlich von Telskof haben am vergangenen Sonntag Hunderte Gläubige im syrisch-katholischen Kloster Mar Behnam an den Feiern zum Fest des Heiligen Behnam teilgenommen. Das Kloster liegt unweit der Stadt Karakosch in der Ninive-Ebene. Nach den massiven Zerstörungen durch die IS-Terroristen wird es derzeit wieder aufgebaut. Der Wiederaufbau wird insbesondere von der französischen Vereinigung "Fraternity in Iraq" unterstützt. Die große Teilnahme an dem Festgottesdienst im Freien bezeuge den Willen der mesopotamischen Christen, in ihr alltägliches Leben zurückzukehren und im Laufe des Kirchenjahres die Feste ihrer Heiligen an den historischen Stätten zu feiern, teilte die Stiftung "Pro Oriente" in einer Aussendung mit.
Die IS-Terroristen vertrieben im Juli 2014 die drei syrisch-katholischen Mönche, die bis dahin im Kloster gelebt hatten. Auch einige Familien, die im Kloster wohnten, wurden vertrieben. Seitdem herrschte großes Besorgnis über das Schicksal des historischen Erbes im Kloster, das auf das 4. Jahrhundert zurückgeht und mit den Gestalten des Prinzen und Märtyrers Behnam und seiner Schwester Sarah verbunden ist. Es handelt sich um einen der ältesten Wallfahrtsorte der gesamten Christenheit. Wie es im Orient seit jeher üblich ist, wurde das Kloster nicht nur von Christen, sondern immer auch von Muslimen besucht.
Einige Monaten nach dem Überfall der IS-Terroristen wurden alle Kreuze entfernt und alte Handschriften, die im Kloster aufbewahrt wurden, verbrannt. Am 19. März 2015 wurden von den Kriminellen Teile der Klosteranlage gesprengt, wobei auch das Mausoleum des Heiligen Behnam nicht verschont wurde.
Aktion Heimkehr der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände:
www.akv.or.at
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