Was kommt nach dem Tod? Ich weiß es nicht, schreibt Kardinal Schönborn: "Aber ich glaube an das ewige Leben. Und ich hoffe darauf, wenn es einmal Zeit ist, dorthin aufzubrechen."
Was kommt nach dem Tod? Ich weiß es nicht, schreibt Kardinal Schönborn: "Aber ich glaube an das ewige Leben. Und ich hoffe darauf, wenn es einmal Zeit ist, dorthin aufzubrechen."
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium am Sonntag, 6. November 2016 (Lk 20,27-38)
Ein bekannter österreichischer Politiker wurde gefragt, was nach seiner Meinung nach dem Tod komme. Seine Antwort war kurz und bündig: nichts! Ein Pfarrer schrieb ihm daraufhin, woher er denn das wisse. In seinem sehr freundlichen Antwortschreiben gab der Politiker zu: Eigentlich müsse er sagen: Ich weiß es nicht!
Was wissen wir wirklich von dem, was nach dem Tod kommt? Dass es „etwas“ gibt, nehmen doch die meisten Menschen an. Aber wie das vorzustellen ist, ein Leben nach dem Tod, ein ewiges Leben, darüber haben die Menschen seit eh und je gerätselt. Die ältesten Spuren der Menschheit erkennt man an den Grabbeigaben. Tiere verenden. Menschen sterben. Der Tod eines geliebten Haustieres kann Menschen tief bewegen. Und die Frage, ob wir „drüben“, im ewigen Leben, auch die Tiere wiederfinden, wird verständlicherweise gestellt. Sicher ist, dass schon die frühesten Menschen an ein Leben nach dem Tod geglaubt haben. Sonst hätten sie ihren Toten nicht alles Mögliche ins Grab beigegeben, damit es ihnen auf dem Weg „hinüber“ hilft.
Vor kurzem durfte ich für fünf Tage Ägypten besuchen, besonders die christlichen Kopten, die größte Minderheit in diesem mehrheitlich islamischen Land. Die berühmten Pyramiden nahe Kairo sind ein gewaltiges Zeugnis für den Glauben an das Jenseits, das ewige Leben.
Aber nochmals: Wie können wir uns das Leben „da drüben“ oder „da droben“ vorstellen? So wie es das ägyptische Totenbuch beschreibt? Mit all den Etappen, die die Seele nach dem Tod durchlaufen muss? Oder so wie die traditionellen Vorstellungen vom Fegfeuer, der Läuterung nach dem Tod? Und was ist mit den schrecklichen Höllendarstellungen? Entspricht das alles der Wirklichkeit?
Auch das heutige Evangelium handelt davon, wie Leute sich das ewige Leben vorstellen. Die jüdische Gruppe der Sadduzäer hielt es ähnlich wie der eingangs genannte Politiker. Sie lehnten den Glauben an die Auferstehung der Toten ab und begründeten ihre Zweifel am Jenseits mit allerlei kritischen Fragen. Eine solche legen sie heute Jesus vor. Der künstlich konstruierte Fall einer Frau, die mit sieben Brüdern verheiratet war, weil einer nach dem anderen starb. Wessen Frau wird sie drüben“ sein? Man hört heraus, wie die Sadduzäer sich lustig machen und Jesus auf’s Glatteis führen wollen.
Die Antwort Jesu ist wie immer schlicht und einfach: Wer nicht mehr sterben muss, muss auch nicht mehr geboren werden, wachsen, heiraten, Kinder kriegen, alt werden. Es gibt dort auch keine Zeit mehr, kein Kommen und Gehen der Stunden und Tage. Es ist einfach das volle Leben. Aber ohne Zeitablauf. Ohne Ort und Raum. Kein Wechsel und Wandel. Denn die Ewigkeit ist nicht eine endlose Dauer. Das wäre unerträglich. Sie ist erfülltes Jetzt und Heute.
Wenn ich gefragt werde, wie ich mir das vorstelle, antworte ich ehrlich: Ich weiß es nicht! Ich habe davon keine Vorstellung, weil ich nur diese Welt kenne, noch nicht die andere, ewige Welt. Eines aber glaube ich fest und weiß ich sicher: „Gott ist kein Gott von Toten, sondern von Lebenden; denn für ihn sind alle lebendig.“ Ich weiß nicht, wie es „drüben“ ist. Aber ich glaube an das ewige Leben. Und ich hoffe darauf, wenn es einmal Zeit ist, dorthin aufzubrechen.
In jener Zeit kamen einige von den Sadduzäern, die die Auferstehung leugnen, zu Jesus und fragten ihn: Meister, Mose hat uns vorgeschrieben: Wenn ein Mann, der einen Bruder hat, stirbt und eine Frau hinterlässt, ohne Kinder zu haben, dann soll sein Bruder die Frau heiraten und seinem Bruder Nachkommen verschaffen. Nun lebten einmal sieben Brüder. Der erste nahm sich eine Frau, starb aber kinderlos. Da nahm sie der zweite, danach der dritte, und ebenso die anderen bis zum siebten; sie alle hinterließen keine Kinder, als sie starben. Schließlich starb auch die Frau. Wessen Frau wird sie nun bei der Auferstehung sein? Alle sieben haben sie doch zur Frau gehabt. Da sagte Jesus zu ihnen: Nur in dieser Welt heiraten die Menschen. Die aber, die Gott für würdig hält, an jener Welt und an der Auferstehung von den Toten teilzuhaben, werden dann nicht mehr heiraten. Sie können auch nicht mehr sterben, weil sie den Engeln gleich und durch die Auferstehung zu Söhnen Gottes geworden sind. Dass aber die Toten auferstehen, hat schon Mose in der Geschichte vom Dornbusch angedeutet, in der er den Herrn den Gott Abrahams, den Gott Isaaks und den Gott Jakobs nennt. Er ist doch kein Gott von Toten, sondern von Lebenden; denn für ihn sind alle lebendig.
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