Kardinal Christoph Schönborn und der evangelische Bischof Michael Bünker stellten sich gemeinsam am Freitag, 23. Dezember 2016 den Fragen in der „ZIB2“ des ORF.
Kardinal Christoph Schönborn und der evangelische Bischof Michael Bünker stellten sich gemeinsam am Freitag, 23. Dezember 2016 den Fragen in der „ZIB2“ des ORF.
Terrorangst, Hilfe für Flüchtlinge, gesellschaftliche Situation und Verbindendes und Trennendes Themen des Interviews in der „ZIB2“ des ORF.
Kardinal Christoph Schönborn und der evangelische Bischof Michael Bünker stellten sich gemeinsam am Freitag, 23. Dezember 2016 den Fragen in der „ZIB2“ des ORF.
Am Vorabend des Heiligen Abends ging es darin um Themen, welche die Gesellschaft und die Gläubigen derzeit sehr bewegen. Angesichts des Terrors erkennt Kardinal Christoph Schönborn eine "große Verunsicherung". Gleichzeitig verwies er aber darauf, dass die Menschen vor 70 Jahren unter unvergleichlich schlimmeren Verhältnissen gelebt haben. Nun müsse man in der friedensgewohnten Zeit vielleicht einfach lernen, dass Friede und der Sozialstaat nicht selbstverständlich seien und dass das Leben insgesamt unsicher sei.
Der Kardinal sieht darin auch die Chance, dankbar sein zu können, "dass wir leben dürfen", und solidarisch sein zu können mit Menschen mit einem schweren Schicksal. Der evangelische Bischof Michael Bünker sieht in der in der Berliner Gedächtniskirche abgehaltenen Gedenkveranstaltung nach dem Terroranschlag von Berlin ein "deutliches Zeichen".
Kardinal Christoph Schönborn hat ein Umdenken in der Flüchtlingsfrage erkannt. In dem gemeinsamen Interview mit dem evangelischen Bischof Michael Bünker sagte der Wiener Erzbischof, er habe auch selbst erfahren müssen, dass die anfängliche Hilfsbereitschaft angesichts der großen Zahl der Flüchtlinge dann über seine Möglichkeiten hinaus gegangen sei. Anfangs habe auch er ebenso wie viele Experten mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel gesagt, wir schaffen das. Dann habe er aber gemerkt, dass das Problem eine andere Dimension bekommen habe und europäische Lösungen nötig seien. Man müsse zuerst auf Hilfe vor Ort schauen, damit die Flüchtlinge wieder in ihrer Heimat leben können. Der Wiener Erzbischof unterstrich im Zusammenhang mit der Hilfe auch das Wirken von Caritas und Diakonie.
Der evangelische Bischof Bünker verwies darauf, dass man Rationalität und Vernünftigkeit in die Diskussion bringen müsse. Er betonte auch, dass die Zahl der Ehrenamtlichen in der Flüchtlingshilfe nicht ab-, sondern zugenommen habe. An eine Spaltung der Gesellschaft glaubt der evangelische Bischof nicht. Es gebe zwar eine starke Polarisierung, aber keine tiefen Gräben. Außerdem verwies Bünker darauf, dass der Terror auch für weitere Flüchtlingsströme sorge.
Beide Bischöfe betonten das Gemeinsame ihrer beiden Kirchen. Der evangelische Bischof Bünker, dessen evangelische Kirche heuer 500 Jahre Reformation feiert, meinte, man sei vom Gegeneinander zu einem Nebeneinander und heute immer mehr zu einem Füreinander gekommen. Diese Lehre könne auch für Europa wichtig sein. Kardinal Schönborn betonte, dass man gegenseitig viel voneinander gelernt habe: "Wir sind auf einem guten Weg, Gott sei Dank." Es gebe große Einmütigkeit in der Überzeugung für den selben Glauben und die selben Werte zu stehen. Man sei aber nicht für einen "Einheitsbrei", man profitiere auch davon, unterschiedlich zu sein. Eine nette Geste stellte dar, dass Kardinal Schönborn und der evangelische Bischof Bünker in dem Interview sich öffentlich „duzen“.