Mit dem "Sonntag der Völker" machte die katholische Kirche am 30. September 2018 auf den Wert kultureller Vielfalt aufmerksam.
Mit dem "Sonntag der Völker" machte die katholische Kirche am 30. September 2018 auf den Wert kultureller Vielfalt aufmerksam.
Weihbischof Scharl: „Herausforderungen im Zusammenhang mit Migration annehmen“.
Mit dem "Sonntag der Völker" machte die katholische Kirche am 30. September 2018 auf den Wert kultureller Vielfalt aufmerksam. Besonders im Blickfeld stand heuer unter dem Motto "aufnehmen, beschützen, fördern und integrieren" die Situation der Migranten und Flüchtlinge. Dazu fanden in den Diözesen Österreichs besonders gestaltete und meist mehrsprachige Gottesdienste statt, bei denen die Gläubigen der anderssprachigen katholischen Gemeinden im Zentrum standen.
Im Wiener Stephansdom feierten die europäischen fremdsprachigen Gemeinden der Erzdiözese Wien den Gottesdienst zum "Sonntag der Völker" gemeinsam mit Weihbischof Franz Scharl. Als Wiener Bischofsvikar für die Kategoriale Seelsorge und die anderssprachigen Gemeinden begrüßte er die Gläubigen in mehreren Sprachen. Die Lesungen zum Gottesdienst wurden in slowenischer und rumänischer Sprache, das Evangelium auf Deutsch und Slowakisch vorgetragen.
Die vielen Sprachen und Kulturen seien durch denselben Glauben geeint, hieß es bei der Messe. In seiner Predigt zitierte Weihbischof Scharl aus der Papstbotschaft zum kirchlichen "Welttag des Migranten und des Flüchtlings" und rief dazu auf, die Herausforderungen im Zusammenhang mit Migration anzunehmen. Österreich habe eine historische Tradition als gemeinsamer Heimat vieler Völker, so der Weihbischof. Aufgabe von Christen sei daran mitzuwirken, dass "wir ein Volk aus allen Völkern dieser Erde werden", sagte Scharl.
Gemeinsam mit rund 1.000 Gläubigen feierte der oberösterreichische Bischof Manfred Scheuer im Linzer Dom den Gottesdienst zum "Sonntag der Völker" im Zeichen der Wertschätzung der Vielfalt. Scheuer nutzte dabei auch die Gelegenheit zu konkreten politischen Ansagen und verwies darauf, dass die Bibel wie die kirchliche Lehre gleichermaßen eine "besondere Zuwendung zu geflüchteten, schutzsuchenden Menschen" kenne. Vor diesem Hintergrund sei jede Form von "Polemik und Verächtlichmachung" etwa in der Politik Migranten und Flüchtlingen gegenüber zu verurteilen: "Hetzerische Sprache und Verleumdungen sind Gift für eine Debatte, die in aller Redlichkeit geführt werden muss", so Scheuer. Die Kirche müsse in dieser Situation als "Anwältin der Armen, speziell der Flüchtlinge" auftreten.
Klare Kritik übte Scheuer an einer zu defensiven Asylpolitik, in der Flüchtlinge "nicht zuerst als konkrete Menschen, sondern als Bedrohung gesehen werden". Zugleich appellierte der Linzer Bischof an die Verantwortlichen im Bundesamt für Asyl, das humanitäre Bleiberecht nicht zu "totem Recht" werden zu lassen, sondern es häufiger zuzusprechen. Auch sollten die Verantwortlichen stärker das hohe Engagement Ehrenamtlicher würdigen, die sich für die Integration Geflüchteter einsetzen. Entsprechend unterstütze er auch einen Abschiebestopp für junge Asylwerber in einer Lehre; außerdem sprach sich Scheuer dafür aus, den Zugang zum Arbeitsmarkt für Migranten im Bereich der Mangelberufe zu erleichtern. Anschließend lud die Diözese zu einem "Begegnungsfest" mit Musik und Tanz auf den Domplatz.
Auch Innsbruck lud die Muttersprachliche Seelsorge zu einem Festgottesdienst mit Bischof Hermann Glettler in den Dom zu St. Jakob. Danach gab es am Domplatz eine Agape mit Köstlichkeiten aus vielen Ländern, Getränken und musikalischen Darbietungen. In seiner Predigt unterstrich Bischof Glettler den besonderen Wert kultureller Vielfalt in der Kirche und in der Welt: Kulturelle Vielfalt, wie sie sich u.a. in den anderssprachigen Gemeinden im Land zeige, sei ein "Geschenk Gottes", das es heute "angesichts extrem poröser Glaubensüberzeugungen, vielfältiger Erschöpfungserkrankungen und einer wachsenden Vereinsamung von Menschen" dringender denn je brauche, so Glettler.
Anderssprachige Gemeinden stünden nicht nur für einen "herzhaften Glauben", sondern zugleich für eine "Verbundenheit, die niemanden übersieht" und somit für eine besondere Zuwendung zu den Schwachen. Insofern sei der "Sonntag der Völker" auch ein Signal, "dass wir als Menschen und als Christen, als Wohlhabende und als Bedürftige, als Urzeit-Tiroler und als Neo-Tiroler, als Einheimische und als Fremde zusammengehören", so der Innsbrucker Bischof.
Auch in St. Pölten feierte Bischof Alois Schwarz u.a. gemeinsam mit Migranten einen Gottesdienst im Dom. Der Gottesdienst wurde gemeinsam von den katholischen Migranten aus Kroatien, Philippinen, Nigeria, Brasilien, Polen, Ungarn und anderen Nationen gestaltet, heißt es in einer Aussendung der Diözese St. Pölten. Im Anschluss fand eine multikulturelle Agape im Bischofshof statt.
Bei der "Völkermesse" im Klagenfurter Dom sagte Ordinariatskanzler Jakob Ibounig am Sonntag, der gemeinsame Glaube sei das stärkste verbindende Element zwischen den Völkern. Er erinnerte, dass sich Glaube nicht in einen Kulturkreis einsperren lasse. "Gerade in Kriegszeiten waren die hier lebenden Mitbürger ausländischer Herkunft die noch letzten Brücken in angeblich verfeindete Länder." Immer wieder seien die Religion und der Glaube an einen Gott, "der alle erschaffen hat und der eben nicht der Gott eines bestimmten Volkes oder auch einer bestimmten Kultur ist, das Verbindende zwischen Völkern" gewesen, so Ibounig.
Sprachen, Kulturen und Nationen seien keine "einfach nebeneinander stehenden Blöcke ohne Verbindung", sondern hätten "wenn auch oft verborgen, immer Türen zueinander". Um diese zusammenführenden Türen zu finden, brauche es allerdings mehr als einen Sprachkurs, sagte der Ordinariatskanzler. "Es braucht eine Berührung des Herzens, denn im Letzten ist es immer die Liebe, die uns Augen, Ohren und Mund öffnet."
Ibounig dankte abschließend allen mitfeiernden Katholiken aus den verschiedenen Ländern: "Durch Euch erfahren wir eine Verstärkung des Selbstbewusstseins. Die Kraft und die Selbstverständlichkeit Eures Glaubens gibt auch den Katholiken aus Kärnten Mut und Schwung."