"Immer mehr Menschen sind heute 'online', haben Handy- und Computerverbindung. Ich sehne mich danach, dass ich mit Jesus 'online' bleibe, dass ich die Verbindung halte…", so Kardinal Christoph Schönborn.
"Immer mehr Menschen sind heute 'online', haben Handy- und Computerverbindung. Ich sehne mich danach, dass ich mit Jesus 'online' bleibe, dass ich die Verbindung halte…", so Kardinal Christoph Schönborn.
Gedanken zum Evangelium, von Kardinal Christoph Schönborn, am Sonntag, 3. Mai 2015 (Johannes 15,1-8)
Nichts ist für den Menschen schlimmer als Isolation. Absonderung, Ausgrenzung, nirgendwo dazugehören, ausgeschlossen werden: Das kann einem den Atem rauben, die Lebensfreude nehmen. In den schrecklichen Gefängnissen der Unrechtsstaaten gehört die Isolationshaft zum Schlimmsten. Sie kann Menschen in den Wahnsinn treiben.
Wir sind vom ersten Moment des Lebens an in Verbundenheit, und wir können nur leben, wenn wir mit anderen verbunden sind. Aus der Verbindung von Ei- und Samenzelle entsteht neues Leben. Das Kind kann nur wachsen, wenn es im Mutterschoß mit dem Leben der Mutter verbunden ist. Und so bleibt es ein ganzes Leben lang. Auch wenn wir alle abgenabelt wurden, um selbständige Wesen zu werden, so bleiben wir doch auf die Anderen angewiesen, die Eltern, die Geschwister, die Freunde und die vielen Menschen, ohne deren Dienst wir gar nicht leben könnten.
Umso trauriger ist das Lebensmodell des „Single-Daseins“, das heute oft als die große Freiheit angepriesen wird. Wer als „Einzelkämpfer“ durch das Leben kommen will, wer nur um sich und die eigene Selbstverwirklichung kreist, wird sich früher oder später sehr einsam vorfinden.
An einem einfachen Bild macht Jesus klar, dass dieses Lebensmodell nicht lebensfähig ist. Ohne Weinstock können die Rebzweige nicht leben. Ein abgeschnittener Rebzweig verdorrt, und so geht es dem isolierten Menschen. Wir brauchen alle Verbundenheit. Aber Jesus geht noch weiter: Nicht nur die menschlichen Bindungen sind lebensnotwendig. Noch wichtiger ist es, mit Ihm verbunden zu sein. Er ist der Weinstock, wir sind die Rebzweige. „Getrennt von mir könnt ihr nichts tun.“ Das sagt er ganz entschieden und radikal. Wenn wir nicht mit Christus verbunden sind, dann können wir genauso wenig leisten wie ein Rebzweig, der vom Weinstock abgeschnitten ist. Er kann keinerlei Trauben tragen. Er kann nur als dürres Heizmaterial verwendet werden.
Stimmt das? Ist da wirklich so? Ich tue doch vieles, ohne dabei an Gott zu denken, ohne besonders mit Christus verbunden zu sein. Ich habe mir oft die Frage gestellt, was Jesus damit wirklich gemeint hat: „Getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen.“ Ich verstehe dieses so wichtige Wort Jesu in zweifachem Sinn. Der erste Sinn ist die schlichte Wahrheit, dass wir ganz und gar von Gott abhängig sind, ob wir daran denken oder nicht. Von Ihm habe ich das Leben. Von Ihm kommt alles, was mein Leben möglich macht. Denn er ist der Schöpfer von allem, Er erhält alles im Dasein, schenkt allem Leben und Wirken. Ohne Gott kann ich nicht sein, auch wenn ich lange Zeit gar nicht an Ihn denken sollte. Ich bin immer mit Gott verbunden, wie der Rebzweig mit dem Weinstock.
Den zweiten Sinn sehe ich so: Wenn ich mich um meine Verbindung mit Gott gar nicht kümmere, dann verkümmere ich. Dann kann ich zwar viel tun, ständig werken, aber ich „vollbringe nichts“, es bleibt leere Geschäftigkeit, unfruchtbares Dahinleben. Gott will aber, „dass ihr reiche Frucht bringt“.
Immer mehr Menschen sind heute „online“, haben Handy- und Computerverbindung. Ich sehne mich danach, dass ich mit Jesus „online“ bleibe, dass ich die Verbindung halte…
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater ist der Winzer. Jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, schneidet er ab, und jede Rebe, die Frucht bringt, reinigt er, damit sie mehr Frucht bringt. Ihr seid schon rein durch das Wort, das ich zu euch gesagt habe. Bleibt in mir, dann bleibe ich in euch. Wie die Rebe aus sich keine Frucht bringen kann, sondern nur, wenn sie am Weinstock bleibt, so könnt auch ihr keine Frucht bringen, wenn ihr nicht in mir bleibt. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen. Wer nicht in mir bleibt, wird wie die Rebe weggeworfen, und er verdorrt. Man sammelt die Reben, wirft sie ins Feuer, und sie verbrennen. Wenn ihr in mir bleibt und wenn meine Worte in euch bleiben, dann bittet um alles, was ihr wollt: Ihr werdet es erhalten. Mein Vater wird dadurch verherrlicht, dass ihr reiche Frucht bringt und meine Jünger werdet.
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