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09.06.2018 · Kardinal · Gedanken zum Evangelium

Dein Wille geschehe…

Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium am Sonntag, 10. Juni 2018 (Mk 3,20-35)

Wie aber erkennt Jesus, was Gottes Willen ist? Und wie erkenne ich das in meinem Leben? Jesus hat dazu zwei Wege...

Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium am Sonntag, 10. Juni 2018 (Mk 3,20-35)

Er ist verrückt geworden! Es reicht! Wir müssen ihn zur Vernunft bringen! So oder ähnlich haben die Angehörigen Jesu wohl miteinander geredet. Wie gut können wir sie verstehen. Jesus hat alles verlassen. Er hat seinen Beruf liegen und stehen gelassen. Er hat seine Mutter einfach alleine zurückgelassen. Seine Verwandtschaft ist empört. Hat Jesus einen religiösen Wahn? Er hat sein Leben radikal geändert. Er beruft sich auf Gottes Willen. Statt seinem Brotberuf nachzugehen predigt er, von Dorf zu Dorf, sammelt Leute, die seine Anhänger werden. Deren Zahl nimmt rasant zu. Die Familie ist besorgt. Auch um das Leben Jesu. Denn die römische Besatzung macht kurzen Prozess mit Anführern solcher Massenbewegungen, die leicht in Rebellion ausarten können. Deshalb beschließen die Angehörigen, Jesus mit Gewalt nach Nazareth zurückzuholen. Sie wollen ihn zur Besinnung bringen.

 

Wie Recht sie haben, sich um Jesus Sorgen zu machen, zeigt gleich das folgende Ereignis: Nicht nur von den Römern droht Gefahr. Auch aus der Hauptstadt, aus Jerusalem. Es hat sich bis in die höchsten Kreise in Jerusalem herumgesprochen, dass da ein gefährlicher Mann im entfernten Galiläa für Unruhe sorgt. Er tut Wunder, heilt Kranke, treibt Dämonen aus. Woher hat er solche Kräfte? Eine Abordnung der Obrigkeit kommt von Jerusalem, um sich das anzusehen. Ihre Diagnose ist schnell gestellt: Er ist besessen! Der Teufel gibt ihm diese Wunderkräfte!

 

Für die einen ist Jesus verrückt. Für die anderen ist er besessen. Warum löst Jesus solchen Widerspruch aus? Worum geht es ihm wirklich? Jesus gibt darauf eine klare, einfache Antwort: Er tut den Willen Gottes! Nur darum geht es ihm. Und er will, dass auch wir den Willen Gottes tun! Weil er es als den Willen Gottes erkannt hat, ist er mit dreißig Jahren von zu Hause weggegangen, um  seiner Berufung zu folgen. Gottes Willen ist es, dass er eine neue Familie um sich sammelt, Menschen, die sich ganz wie er auf den Willen Gottes einlassen.

 

Als seine Mutter und seine Brüder, Leute aus seiner nahen Verwandtschaft, ihn besuchen kommen und ihn sehen wollen, benimmt er sich nicht gerade entgegenkommend: „Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder?“ Und er gibt selber die Antwort: „Wer den Willen Gottes erfüllt, der ist für mich Bruder und Schwester und Mutter“, der gehört zu meiner Familie.

 

Wer Jesus verstehen will, muss genau auf diesen Punkt schauen. Jesus geht es in seinem ganzen Leben leidenschaftlich nur um dieses Eine: Nicht seinem eigenen Willen will er folgen, sondern ganz und gar dem Willen Gottes, den er seinen Vater nennt. So hat Jesus uns zu beten gelehrt: „Vater unser, … dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden.“

 

Wie aber erkennt Jesus, was Gottes Willen ist? Und wie erkenne ich das in meinem Leben? Jesus hat dazu zwei Wege: Erstens spricht er viel mit Gott. Er betet, um mit Gott vertraut zu sein und seinen Willen zu spüren. Und zweitens hat Jesus uns die „goldene Regel“ gegeben: „Was du willst, das man dir tut, das tue auch den anderen.“ Wer offen ist für Gottes Willen, ist auch offen für die Not der anderen. Genau das hat Jesus vorgelebt. Er hat nicht für sich gelebt, sondern für uns, bis zur Hingabe seines Lebens.

erstellt von: Kardinal Christoph Schönborn
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Markusevangelium 3,20-35

In jener Zeit ging Jesus in ein Haus, und wieder kamen so viele Menschen zusammen, dass er und die Jünger nicht einmal mehr essen konnten. Als seine Angehörigen davon hörten, machten sie sich auf den Weg, um ihn mit Gewalt zurückzuholen; denn sie sagten: Er ist von Sinnen. Die Schriftgelehrten, die von Jerusalem herabgekommen waren, sagten: Er ist von Beelzebub besessen; mit Hilfe des Anführers der Dämonen treibt er die Dämonen aus. Da rief er sie zu sich und belehrte sie in Form von Gleichnissen: Wie kann der Satan den Satan austreiben? Wenn ein Reich in sich gespalten ist, kann es keinen Bestand haben. Wenn eine Familie in sich gespalten ist, kann sie keinen Bestand haben. Und wenn sich der Satan gegen sich selbst erhebt und mit sich selbst im Streit liegt, kann er keinen Bestand haben, sondern es ist um ihn geschehen. Es kann aber auch keiner in das Haus eines starken Mannes einbrechen und ihm den Hausrat rauben, wenn er den Mann nicht vorher fesselt; erst dann kann er sein Haus plündern. Amen, das sage ich euch: Alle Vergehen und Lästerungen werden den Menschen vergeben werden, so viel sie auch lästern mögen; wer aber den Heiligen Geist lästert, der findet in Ewigkeit keine Vergebung, sondern seine Sünde wird ewig an ihm haften. Sie hatten nämlich gesagt: Er ist von einem unreinen Geist besessen. Da kamen seine Mutter und seine Brüder; sie blieben vor dem Haus stehen und ließen ihn herausrufen. Es saßen viele Leute um ihn herum, und man sagte zu ihm: Deine Mutter und deine Brüder stehen draußen und fragen nach dir. Er erwiderte: Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder? Und er blickte auf die Menschen, die im Kreis um ihn herumsaßen, und sagte: Das hier sind meine Mutter und meine Brüder. Wer den Willen Gottes erfüllt, der ist für mich Bruder und Schwester und Mutter.


Kardinal Schönborn

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Gedanken zum Evangelium

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