Gegen den Neid hilft nur die Freude an Gottes Güte.
Gegen den Neid hilft nur die Freude an Gottes Güte.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium am Sonntag, 21. September 2014, Matthäus 20,1-16
Arbeitslos. Dieses Gespenst geht wieder um. Noch ist es in Österreich nicht wie in Spanien. Menschen ohne Arbeit: Von ihnen ist im heutigen Evangelium die Rede. Von Menschen, die nicht gebraucht werden, die niemand anstellt, für die es keine Arbeit gibt. „Niemand hat uns angeworben.“ Sie warten seit dem frühen Morgen. Jetzt ist es fünf Uhr Nachmittag. Bald ist es Abend, und sie werden ohne Tageslohn nach Hause gehen müssen. Welch ein Glück, Arbeit zu haben! Wie bitter, ständig neu erleben zu müssen: Du wirst von niemandem gebraucht!
Was aber will Jesus mit dieser Geschichte sagen? Sie ist ja ein „Gleichnis", durch das er etwas Wichtiges zeigen will. Er spricht vom „Himmelreich“, vom Reich Gottes, das heißt von dem, wie Gott zu handeln und zu „regieren“ pflegt. In den Gleichnissen Jesu geht es immer um das Tun Gottes, das oft so anders ist als das von uns Menschen.
Anders ist Seine Art, Arbeiter für Seinen Weinberg anzuheuern. Er begnügt sich nicht damit, in der Früh die Arbeiter für den Tag anzustellen. Den ganzen Tag über geht er immer wieder auf den Marktplatz und sieht dort „andere stehen, die keine Arbeit haben“, und er bietet ihnen Arbeit an, selbst noch am späten Nachmittag. Jesus will damit sagen: Gott wird nicht müde, uns Menschen nachzugehen. Manche ruft er schon früh im Leben. Andere finden erst spät zum Glauben, manche erst am Ende des Tages, sozusagen in der letzten Stunde ihres Lebens. Jesus zeigt uns einen geduldigen Gott, der jedem nachgeht, keinen einfach stehen lässt, niemanden übersieht oder vergisst.
Anders ist auch seine Art, den Lohn zu geben. Er beginnt mit denen, die er als letzte angeworben hat und gibt ihnen den vollen Tageslohn, den er mit dem Arbeitern in der Morgenstunde vereinbart hat. Verständlich, dass diese dann hofften, mehr zu bekommen als nur den einen Denar, der ihnen in der Früh zugesagt worden war. Spontan empfinden wir das als unfair. Die einen haben einen harten 12-Stunden-Arbeitstag hinter sich. Die anderen haben nur eine Stunde gearbeitet. Beide bekommen den gleichen Lohn.
„Bist du neidisch, weil ich zu anderen gütig bin?“ Das ist der Kern der Geschichte Jesu. Das ist die Frage, die Jesus uns durch dieses Gleichnis stellt. Zuerst einmal ganz schlicht menschlich: Schau auf deinen Neid! Wem neidest du was? Und warum? Bist du nicht dankbar für das, was du hast? Gönnst du es dem anderen nicht, wenn es ihm gut geht, wenn er Glück hat?
Wenn du früh in deinem Leben „in den Weinberg des Herrn“ gerufen wurdest, wenn du das Glück hast, von Klein auf im Glauben zu Hause zu sein, dann sei nicht neidisch, dass Gott auch zu denen gut ist, die ein Leben lang ohne Glauben leben mussten und die „am letzten Drücker" noch zu Gott finden. Gegen den Neid hilft nur die Freude an Gottes Güte.
In jener Zeit erzählte Jesus seinen Jüngern das folgende Gleichnis:
Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Gutsbesitzer, der früh am Morgen sein Haus verließ, um Arbeiter für seinen Weinberg anzuwerben. Er einigte sich mit den Arbeitern auf einen Denar für den Tag und schickte sie in seinen Weinberg. Um die dritte Stunde ging er wieder auf den Markt und sah andere dastehen, die keine Arbeit hatten. Er sagte zu ihnen: geht auch ihr in meinen Weinberg! Ich werde euch geben, was recht ist. Und sie gingen. Um die sechste Stunde und um die neunte Stunde ging der Gutsherr wieder auf den Markt und machte es ebenso. Als er um die elfte Stunde noch einmal hinging, traf er wieder einige, dir dort herumstanden. Er sagte zu ihnen: Was steht ihr hier den ganzen Tag untätig herum? Sie antworteten: Niemand hat uns angeworben. Da sagte er zu ihnen: Geht auch ihr in meinen Weinberg!
Als es nun Abend geworden war, sagte der Besitzer des Weinbergs zu seinem Verwalter: Ruf die Arbeiter und zahl ihnen den Lohn aus, angefangen von den letzten, bis hin zu den ersten. Da kamen die Männer, die er um die elfte Stunde angeworben hatte, und jeder erhielt einen Denar.
Als dann die ersten an der Reihe waren, glaubten sie, mehr zu bekommen. Aber auch sie erhielten nur einen Denar.Da begannen sie, über den Gutsherrn zu murren, und sagten: Diese letzten haben nur eine Stunde gearbeitet, und du hast sie uns gleichgestellt; wir aber haben den ganzen Tag über die Last der Arbeit und die Hitze ertragen.
Da erwiderte er einem von ihnen: Mein Freund, dir geschieht kein Unrecht. Hast du nicht einen Denar mit mir vereinbart? Nimm dein Geld und geh! Ich will dem letzten ebenso viel geben wie dir. Darf ich mit dem, was mir gehört, nicht tun, was ich will? Oder bist du neidisch, weil ich zu anderen gütig bin?