"Wie soll der grausame Tod Jesu ein Beweis der Liebe Gottes sein? Wie soll das Kreuz Zeichen der Rettung für uns Menschen sein?", fragt Kardinal Christoph Schönborn.
"Wie soll der grausame Tod Jesu ein Beweis der Liebe Gottes sein? Wie soll das Kreuz Zeichen der Rettung für uns Menschen sein?", fragt Kardinal Christoph Schönborn.
Gedanken zum Evangelium, von Kardinal Christoph Schönborn, am Sonntag, 15. März 2015. (Johannes 3,14-21)
Die Schlange – ein Symbol der Rettung? Schon als Kind habe ich mich gewundert, warum das Zeichen der Ärzte und Apotheker ein Stab ist, den eine Schlange umwindet. Schlangen sind doch giftig, und Ärzte und Apotheker sollen heilen, nicht vergiften. Aber schon in der Antike galt die Schlange auch als Symbol der Heilung. Asklepios oder Äskulap galt als Gott der Heilkunde. Sein Kennzeichen war eben der Stab mit der Schlange. Von ihm haben bis heute die Apotheker und die Ärzte ihr Symbol.
Aber auch in der Bibel gibt es ein ähnliches Zeichen. Jesus erinnert in seinem Gespräch mit Nikodemus an diese Geschichte. Als das jüdische Volk in seinen mühevollen vierzig Jahren in der Wüste gegen Gott rebellierte, kam es zu einer schlimmen Schlangenplage. Viele wurden von Giftschlangen gebissen und starben. Das Volk bereute seine Auflehnung und bat Gott um Verzeihung. Auf Gottes Weisung hin ließ Mose eine kupferne Schlange an einem Stab befestigen, und jeder, der zu dieser Schlange aufschaute, wurde geheilt. So berichtet es das 4. Buch Mose, das Buch Numeri (Kapitel 21).
Eine Schlange, die heilt! An einen Stab genagelt, also wie getötet, so macht die Schlange keine Angst mehr. Denn wer erschrickt nicht, wenn plötzlich eine Schlange zischelnd neben ihm auftaucht? Die Schlange am Stab bleibt ein rätselhaftes Zeichen. Jesus hat das Rätsel gelöst. Er sah in ihr einen Hinweis auf seinen eigenen Tod und dessen Sinn. Die Schlange ist wie eine Vorahnung seiner Kreuzigung. Wie ein sich windender Wurm hängt er ans Kreuz genagelt. Es ist ein schrecklicher Anblick. Und gerade der soll uns heilen?
Überall in der Welt erkennt man die Christen am Kreuzzeichen. Warum ist es uns so kostbar? Nicht weil es unbeschreiblich grausam ist. Mit Entsetzen sehen wir Bilder von heute gekreuzigten Menschen. Die IS-Leute scheuen auch vor dieser barbarischen Art der Folter und Tötung nicht zurück. Für uns ist das Kreuz das Zeichen der grenzenlosen Liebe Gottes zu uns Menschen. Jesus sagt es: „Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn (für sie) hingab.“
Das Kreuz erinnert daran, dass „Gott seinen Sohn nicht in die Welt gesandt hat, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird“. Ich gestehe, das ist mit dem Verstand nicht leicht zu verstehen. Wie soll der grausame Tod Jesu ein Beweis der Liebe Gottes sein? Wie soll das Kreuz Zeichen der Rettung für uns Menschen sein?
Was dem Verstand nicht einleuchten will, kann das Herz verstehen. Es ist nicht nur meine persönliche Erfahrung, dass ein Blick auf das Kreuz oft helfen kann. Viele Menschen haben es erlebt: Ein einfaches Aufschauen zum Kreuz, zu Jesus am Kreuz, kann tiefen Trost und Heilung mancher Wunden schenken. Jesus sagt, dass der Glaube hilft und heilt. Glauben hat viel mit Vertrauen zu tun. Wenn ich schlicht darauf vertraue: Jesus hat aus Liebe zu mir die Arme am Kreuz ausgebreitet, dann ist das wie damals in der Wüste, als die Verletzten zur kupfernen Schlange des Mose aufblickten und von ihren Wunden geheilt wurden. Daher ist es gut, wenn das Kreuz auch öffentlich sichtbar bleibt!
In jener Zeit sprach Jesus zu Nikodemus: Wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit jeder, der an ihn glaubt, in ihm das ewige Leben hat. Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hergab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird. Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er an den Namen des einzigen Sohnes Gottes nicht geglaubt hat. Denn mit dem Gericht verhält es sich so: Das Licht kam in die Welt, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht; denn ihre Taten waren böse. Jeder, der Böses tut, hasst das Licht und kommt nicht zum Licht, damit seine Taten nicht aufgedeckt werden. Wer aber die Wahrheit tut, kommt zum Licht, damit offenbar wird, dass seine Taten in Gott vollbracht sind.
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Gedanken zum EvangeliumWöchentlicher Evangelienkommentar von Kardinal Christoph Schönborn. |
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