Die Apostel sehen Jesus in strahlendem Licht und die zwei Männer, die bei ihm standen. (Verklärungsikone, russisch-orthodoxe Kathedrale)
Die Apostel sehen Jesus in strahlendem Licht und die zwei Männer, die bei ihm standen. (Verklärungsikone, russisch-orthodoxe Kathedrale)
Gedanken zum Evangelium, von Kardinal Schönborn, am Sonntag, 21. Februar (Lk 9, 28b-36).
Jesus hat oft die Einsamkeit gesucht. Immer wieder zieht er sich zurück, um alleine zu sein. Besonders die Stille der Berge hat es ihm angetan. Jesus hat nicht den Kontakt zu den Menschen gescheut. Im Gegenteil. Er liebte es, unter den Leuten zu sein. Er suchte bewusst den Kontakt, die Begegnung, das Gespräch. Er ging auf Hochzeiten, ließ sich gerne zu Festen einladen, oft war er selber der Gastgeber für eine bunte Schar von Menschen. Und besonders die Armen hatten es ihm angetan, die Kranken, die an den Rand gedrängten. Keine Mühe schien ihm zu viel, wenn es darum ging, Mensch zu helfen und zu heilen. Jesus ist der Menschenfreund.
Und dennoch kommt immer wieder der Moment, wo er die Menge verlässt, um alleine zu sein. Genauer gesagt: nicht um einfach nur seine Ruhe zu haben, sich ein wenig von dem anstrengenden Alltag zu erholen. Jesus zieht sich zurück, um Zeit zum Beten zu haben. Und um zu beten, nimmt er sich viel Zeit. Immer wieder betet er die ganze Nacht hindurch. Er ist dann nicht alleine, sondern mit Einem, den er seinen Vater nennt. Er ist mit Gott.
Von einer solchen Zeit der Stille ist heute im Evangelium die Rede. Nur drei seiner zwölf Apostel hat er mitgenommen. Sie werden Zeugen eines unvergesslichen Geschehens: "Während er betete, veränderte sich das Aussehen seines Gesichts, und sein Gewand wurde leuchtend weiß." Jesus betet, seine Begleiter schlafen. Das ist wohl öfters passiert. Sie sind müde vom Weg, vom Aufstieg auf den Berg. So schlafen sie ein, während ihr Meister wacht und betet.
Als hätten sie gespürt, dass da etwas geschieht, wachen sie auf und sehen Jesus "in strahlendem Licht" und zwei Männer bei ihm, die mit ihm reden. Sie sprechen "von seinem Ende, das sich in Jerusalem erfüllen sollte." Und schließlich hören sie eine Stimme, die sagt: "Das ist mein auserwählter Sohn, auf ihn sollt ihr hören." Erst viel später haben die drei Zeugen von dem erzählt, was sie damals auf dem Berg erlebt haben.
Beten verwandelt: Das ist die Erfahrung, die wir bis heute machen können. Ich kann es bezeugen, es ist wirklich so. Ich brauche die Zeit des Gebets. Es ist, fast möchte ich sagen, lebensnotwendig wie das tägliche Brot. Mitten im Alltag mit seinem Getriebe, seinen Aufgaben, Verpflichtungen, seine Zerstreuungen uns seinen Sorgen, braucht es die Momente der Stille. Nicht alle können sich in die Einsamkeit der Berge begeben. Jesus selber hat geraten: "Wenn du betest, geh in deine Kammer und schließ die Tür zu; dann bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist."
Beten geht überall. Besser betet es sich an Orten der Stille. Entscheidend ist, dass wir uns dafür die Zeit nehmen. Beten braucht Zeit. Nur so kann es wirken. Aber dann wirkt es ganz sicher. Beten verwandelt. Wie oft habe ich es erlebt, dass ich unruhig, unausgeglichen, mit mir selber unzufrieden ins Gebet gegangen bin - und nach einiger Zeit in Frieden, beruhigt, ausgeglichen das Gebet beendet habe.
Im Beten liegt eine große Kraft. Es erfrischt und erneuert. Es schenkt Klarheit und Licht. Vor allem aber: Es schenkt die Verbundenheit mit Gott. Sie hat damals Jesu Gesicht strahlend gemacht. Gebet verwandelt auch heute.
In jener Zeit nahm Jesus Petrus, Johannes und Jakobus beiseite und stieg mit ihnen auf einen Berg, um zu beten. Und während er betete, veränderte sich das Aussehen seines Gesichtes, und sein Gewand wurde leuchtend weiß. Und plötzlich redeten zwei Männer mit ihm. Es waren Mose und Elija; sie erschienen in strahlendem Licht und sprachen von seinem Ende, das sich in Jerusalem erfüllen sollte. Petrus und seine Begleiter aber waren eingeschlafen, wurden jedoch wach und sahen Jesus in strahlendem Licht und die zwei Männer, die bei ihm standen. Als die beiden sich von ihm trennen wollten, sagte Petrus zu Jesus: Meister, es ist gut, dass wir hier sind. Wir wollen drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija. Er wusste aber nicht, was er sagte. Während er noch redete, kam eine Wolke und warf ihren Schatten auf sie. Sie gerieten in die Wolke hinein und bekamen Angst. Da rief eine Stimme aus der Wolke: Das ist mein auserwählter Sohn, auf ihn sollt ihr hören. Als aber die Stimme erklang, war Jesus wieder allein. Die Jünger schwiegen jedoch über das, was sie gesehen hatten, und erzählten in jenen Tagen niemand davon.
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