Jesus sagt: Noch ist es nicht zu spät. Ihr habt zwar „Nein“ gesagt. Noch könnt ihr euer „Nein“ bereuen und doch zu mir „Ja“ sagen.
Jesus sagt: Noch ist es nicht zu spät. Ihr habt zwar „Nein“ gesagt. Noch könnt ihr euer „Nein“ bereuen und doch zu mir „Ja“ sagen.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium am Sonntag, 1. Oktober 2017 (Mt 21,28-32)
Auf die Taten kommt es an, nicht auf die Worte. Das ist im Kern die Botschaft Jesu im heutigen Evangelium. Das Beispiel, das Jesus nennt, ist so einleuchtend, dass es eigentlich keiner Erklärung bedarf. Der eine Sohn sagt „Ja“ zum Auftrag des Vaters, tut dann aber nicht, was er zugesagt hat. Der zweite Sohn sagt „Nein“, tut dann aber doch das, worum ihn sein Vater gebeten hat. Auf das Tun kommt es an, nicht auf die Worte.
Zur Zeit ist Wahlkampf. Es wird viel geredet. Alle Parteien versprechen Dinge, die nach der Wahl sicher nicht alle in Taten umgesetzt werden können. Aber ehe wir über Politiker schimpfen, was bei uns geradezu ein Massensport geworden ist, sollten wir zuerst das Evangelium auf uns selber anwenden. Wie sieht bei mir das Verhältnis von Wort und Tat aus? Wie oft verspreche ich etwas, das ich dann nicht halte oder halten kann? Wie zuverlässig ist mein Wort? Wir sprechen zu Recht von Handschlagqualität, wenn wir uns auf das Wort eines anderen verlassen können: „Er hält Wort“, sagen wir dann und empfinden das als ein echtes Lob. Und das ist unabhängig vom Beruf, es ist eine persönliche Qualität eines Menschen, egal ob Journalist, Politiker, Wirtschaftstreibender oder einfacher Nachbar. Solche Menschen tun uns wohl!
Jesus spricht hier aber nicht nur von einer guten menschlichen Eigenschaft. Es geht um eine ganz dramatische Situation. Alles drängt auf eine Entscheidung hin. Denn Jesus ist in Jerusalem, zum jüdischen Osterfest, und viele warten gespannt, wie es mit ihm weitergeht. Die einfachen Leute schätzen Jesus. Sie wissen von seinen vielen Heilungen. Sie hören ihm stundenlang zu. Sie sind bewegt von seinem Wort, von seiner Güte, seiner Ausstrahlung. Und viele fragen sich, warum „die Obrigkeit“ ihn nicht anerkennt, warum er von den Verantwortlichen so heftig abgelehnt wird. Jesus selber diskutiert mit Priestern und Leitern des Volkes. Er hat – mehr symbolisch als wirklich gewalttätig – die Händler aus dem Tempel hinausgejagt. Und er beansprucht, das im Namen Gottes zu tun.
Alles dreht sich um die Frage: Werden die Verantwortlichen seine Sendung anerkennen oder nicht? Werden sie sich ihm anschließen, ihm vertrauen? Werden sie ihm Glauben schenken? Es ist höchste Zeit, sich zu entscheiden! Jesus sagt ihnen mit der kleinen Geschichte von den beiden Söhnen: Sagt ihr zu mir „Ja“, dann tut auch, was daraus folgt. Dann glaubt an mich und schließt euch mir an. Bisher habt ihr freilich ständig nur „Nein“ gesagt. Vielleicht gelingt es euch noch, euer Nein zu bereuen und mich doch anzuerkennen.
Jesus spürt, dass sie bei ihrem „Nein“ bleiben. Da kommt er mit einem starken Geschütz: „Zöllner und Dirnen gelangen eher in das Reich Gottes als ihr!“ Das musste die zögernden, ablehnenden Obrigkeiten treffen! Jesus kann auf eine offensichtliche Tatsache hinweisen. Als Johannes der Täufer, schon vor Jesus, die Menschen zur Buße, zur Besinnung und Umkehr aufrief, da sind die Menschen in Scharen zu ihm gekommen, haben bereut, was sie gesündigt hatten und haben sich von Johannes im Jordan durch Untertauchen taufen, von Sünden reinigen lassen. Selbst die Prostituierten kamen und auch die betrügerischen Finanzer. Sie haben sich alle im Herzen berühren lassen. Sie haben Johannes geglaubt. Anders die Obrigkeiten! Sie blieben ablehnend, haben sich nicht bekehrt.
Jesus sagt ihnen: Noch ist es nicht zu spät. Ihr habt zwar „Nein“ gesagt. Noch könnt ihr euer „Nein“ bereuen und doch zu mir „Ja“ sagen. Und nun das Erstaunliche in dieser Geschichte: Welche Tat erwartet Jesus? Dass wir ihm glauben! Dass wir ihm vertrauen, uns auf seinen Weg einlassen. Denn Christsein zeigt sich nicht zuerst in Worten, sondern in Taten. Dann werden auch die richtigen Taten folgen!
In jener Zeit sprach Jesus zu den Hohenpriestern und den Ältesten des Volkes: Was meint ihr? Ein Mann hatte zwei Söhne. Er ging zum ersten und sagte: Mein Sohn, geh und arbeite heute im Weinberg! Er antwortete: Ja, Herr!, ging aber nicht. Da wandte er sich an den zweiten Sohn und sagte zu ihm dasselbe. Dieser antwortete: Ich will nicht. Später aber reute es ihn, und er ging doch. Wer von den beiden hat den Willen seines Vaters erfüllt? Sie antworteten: Der zweite. Da sagte Jesus zu ihnen: Amen, das sage ich euch: Zöllner und Dirnen gelangen eher in das Reich Gottes als ihr. Denn Johannes ist gekommen, um euch den Weg der Gerechtigkeit zu zeigen, und ihr habt ihm nicht geglaubt; aber die Zöllner und die Dirnen haben ihm geglaubt. Ihr habt es gesehen, und doch habt ihr nicht bereut und ihm nicht geglaubt.
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