Jesus wollte uns sagen: "Hört doch endlich auf mit euren kleinen und großen Eitelkeiten, euren Machtkämpfen, eurer Wichtigtuerei! Schaut auf dieses Kind, dann wird euch euer Herz sagen, was wirklich wichtig ist."
Jesus wollte uns sagen: "Hört doch endlich auf mit euren kleinen und großen Eitelkeiten, euren Machtkämpfen, eurer Wichtigtuerei! Schaut auf dieses Kind, dann wird euch euer Herz sagen, was wirklich wichtig ist."
Gedanken zum Evangelium, von Kardinal Christoph Schönborn, am Sonntag, 20. September 2015 (Mk 9,30-37).
Ein Bild ging dieser Tage um die Welt: ein totes Kind, angeschwemmt am Meeresufer. Ein Flüchtlingskind, ertrunken beim Kentern eines Flüchtlingsbootes. Und ein weiteres Bild: Der gerettete Vater hält sein totes Kind in den Armen. Beide Bilder haben viele bewegt. Manche fanden es nicht in Ordnung, das Bild dieses toten Kindes zu veröffentlichen. Ich glaube, es passt erschütternd zur Botschaft des heutigen Evangeliums.
Von Leid und Tod ist heute die Rede. Jesus sagt voraus, was mit ihm geschehen wird: Man wird ihn den Menschen ausliefern. Wieso ist es etwas Bedrohliches, Menschen „ausgeliefert“ zu werden? Weil Menschen sich oft nicht wie Menschen verhalten. Weil Menschen unmenschlich werden können. Weil wir alle, die wir Menschen sind, unsere Menschlichkeit vergessen, ja verlieren können. Das kann im großen Stil geschehen. Dann haben wir es mit Kriegen und Terror zu tun. Dann zählt das Menschenleben nicht mehr. Dann werden Menschen blindwütend in die Luft gesprengt. Dann enthaupten Menschen andere Menschen, die doch Menschen sind wie sie selber.
So ist Jesus „den Menschen ausgeliefert“ worden. Sie haben ihn gefangengenommen, gefesselt, verspottet, gegeißelt und mit einem ungerechten Richtspruch zum Tod verurteilt. Ausgeliefert der Willkür der Menschen. Wie so viele vor und nach ihm.
Während Jesus seinen Jüngern ankündigt, was mit ihm geschehen wird, haben sie anderes zu tun als an ihn zu denken. „Worüber habt ihr unterwegs gesprochen?“ Auf diese Frage Jesu geben sie keine Antwort. Ihr Schweigen zeigt, dass sich doch bei ihnen ein wenig das schlechte Gewissen gerührt hat, „denn sie hatten unterwegs miteinander darüber gesprochen, wer von ihnen der Größte sei“.
Seine Jünger spielen hier einfach die großen und kleinen Spielchen dieser Welt. Immer geht es nur um die eigene Position, den Erfolg, die Macht, den ersten Platz. Da kann die Welt in Flammen stehen, da können Flüchtlinge zu Tausenden im Meer ertrinken, immer noch kreisen wir um uns selber. Machtspiele der Staaten, der nationalen Interessen, der populistischen Schlagworte, das Spiel mit den Ängsten, und vor allem der Wunsch, von Leid und Not nicht betroffen zu sein. Die Haltung der Jünger Jesu zeigt schmerzlich, wie sehr „der Menschensohn den Menschen ausgeliefert“ ist.
Jesus setzt dem nur eines entgegen: „Er stellte ein Kind in ihre Mitte, nahm es in seine Arme und sagte zu ihnen: Wer ein solches Kind um meinetwillen aufnimmt, der nimmt mich auf“, der nimmt Gott selber auf.
Das Bild von dem ertrunkenen Kind am Meeresstrand hat vielleicht mehr bewirkt als viele noch so gute Reden. Es hat die Herzen berührt. Jesus wollte die Herzen seiner Jünger berühren, indem er ein Kind in ihre Mitte stellte. Als wollte er sagen: Hört doch endlich auf mit euren kleinen und großen Eitelkeiten, euren Machtkämpfen, eurer Wichtigtuerei! Schaut auf dieses Kind, dann wird euch euer Herz sagen, was wirklich wichtig ist.
Jesus hatte nicht nur sein Leiden angekündigt, sondern auch, dass er auferstehen werde. Das verstanden sie damals nicht. Es gilt aber auch heute noch. Krieg, Gewalt, Tod haben nicht das letzte Wort. Es gibt Hoffnung. Es gibt die Auferstehung. Schaut auf das Kind, dann werdet ihr es verstehen!
In jener Zeit zogen Jesus und seine Jünger durch Galiläa. Jesus wollte aber nicht, dass jemand davon erfuhr; denn er wollte seine Jünger über etwas belehren. Er sagte zu ihnen: Der Menschensohn wird den Menschen ausgeliefert, und sie werden ihn töten; doch drei Tage nach seinem Tod wird er auferstehen. Aber sie verstanden den Sinn seiner Worte nicht, scheuten sich jedoch, ihn zu fragen. Sie kamen nach Kafarnaum. Als er dann im Haus war, fragte er sie: Worüber habt ihr unterwegs gesprochen? Sie schwiegen, denn sie hatten unterwegs miteinander darüber gesprochen, wer von ihnen der Größte sei. Da setzte er sich, rief die Zwölf und sagte zu ihnen: Wer der Erste sein will, soll der Letzte von allen und der Diener aller sein. Und er stellte ein Kind in ihre Mitte, nahm es in seine Arme und sagte zu ihnen: Wer ein solches Kind um meinetwillen aufnimmt, der nimmt mich auf; wer aber mich aufnimmt, der nimmt nicht nur mich auf, sondern den, der mich gesandt hat.
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Gedanken zum Evangelium von Kardinal Christoph Schönborn
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