Start der zweiten Staffel im Oktober 2025, Themen unter anderem Entscheidungen am Lebensende. Ein Mentoringprogramm steht in den Startlöchern, eine erste Konferenz ist für Mai 2026 geplant
Medizin wird immer technisierter, Entscheidungen immer komplexer - gleichzeitig fühlen sich junge Menschen in Gesundheitsberufen oft unzureichend auf ethische Herausforderungen vorbereitet. Mit dem Projekt Young MedEthics will das Wiener Institut für Medizinische Anthropologie und Bioethik (IMABE) diesem Defizit entgegenwirken. Teil davon ist eine monatliche Online-Kursreihe, die angehenden Ärztinnen und Ärzten aus allen Fachrichtungen, Pflegekräften sowie Angehörigen anderer Gesundheitsberufe unter 35 Jahren eine gezielte ethische Fortbildung bietet und am 6. Oktober ihre bislang zweite Staffel startet.
"Die jungen Fachkräfte im medizinischen Bereich sind voller Ideale, sie wollen alles richtig machen - und geraten oft unter enormen Druck", erklärte IMABE-Direktorin Susanne Kummer in einem jüngst in der "Tagespost" erschienenen Interview. Zugleich seien junge Menschen, die frisch in den Beruf einsteigen, ethisch kaum ausgebildet und der Bedarf an Orientierung nehme stetig zu, nicht zuletzt durch neue Technologien wie KI, aber auch durch konkrete Belastungen im Alltag. Eine Medizinstudentin berichtete etwa, dass sie bei einem Praktikum plötzlich allein ein Gespräch mit einem sterbenden Patienten führen musste und realisierte, dass sie für diese Situation keinerlei Vorbereitung hatte.
Die große Resonanz nach dem Start im Herbst 2024 mit 60 Teilnehmenden aus Österreich, Deutschland, der Schweiz und Südtirol habe den enormen Bedarf bestätigt, so Kummer. Themen wie Sterbewunsch, Suizidassistenz, Therapieabbruch, aber auch Kinderwunsch, Selbstfürsorge und spirituelle Ressourcen stehen bei dem Kursangebot im Fokus. Gerade der Umgang mit dem Lebensende sei "wirklich ein Top-Thema", so die IMABE-Direktorin. In Befragungen gaben 81 Prozent der Ärzte und Pflegenden an, sich nicht ausreichend auf die Begleitung Sterbender vorbereitet zu fühlen. Die Folge sei oft "therapeutischer Aktivismus": Maßnahmen würden fortgesetzt, weil niemand den Mut habe, ehrlich mit dem Patienten über die Situation zu sprechen.
Young MedEthics will diese Lücke mit einem strukturierten, interdisziplinären Angebot schließen. Die monatlichen Online-Einheiten verbinden Theorie und Praxis, ergänzt durch Diskussionsrunden und Mentoring. Das Programm wurde von einem jungen Kernteam aus acht Ärztinnen, Ärzten und Pflegefachkräften mitentwickelt, Kooperationspartner sind u.a. die Medizinische Universität Innsbruck, die Albert Schweitzer Klinken Graz, die Deutsche Palliativstiftung, die Fernuni Hagen und die Hippokratische Gesellschaft Schweiz. Zu den Referenten zählen u.a. der Freiburger Medizinethiker Giovanni Maio sowie der Schweizer Psychiater Raimund Klesse.
Ergänzend zu dem monatlich jeweils an Montagen stattfindenden interaktiven Online-Programm ist als weiteres Angebot eine "Ethik-Ambulanz" geplant: ein niederschwelliges Mentoring-Programm, das junge Fachkräfte mit erfahrenen Medizinern in Kontakt bringt. "Viele ältere Kolleginnen und Kollegen verfügen über jahrzehntelange Erfahrung, aber niemand fragt sie. Gleichzeitig suchen viele Junge nach genau solchen Ratgebern. Hier sehen wir eine große Chance, die Generationen zusammenzubringen", so Kummer.
Ein Höhepunkt des Projekts wird die erste Young MedEthics-Konferenz am 8. und 9. Mai 2026 sein - mit Vorträgen, Austauschmöglichkeiten und Netzwerkangeboten für junge Menschen im Gesundheitsbereich aus dem gesamten deutschsprachigen Raum.
Infos und Anmeldungen für im Oktober startende Kursreihe unter www.youngmedethics.com