"Allein die Gottesdienstbesucher-Zahlen sind seit Pandemiebeginn 2020 um etwa die Hälfte eingebrochen - das hat sich auch auf den Urnengang ausgewirkt."
"Allein die Gottesdienstbesucher-Zahlen sind seit Pandemiebeginn 2020 um etwa die Hälfte eingebrochen - das hat sich auch auf den Urnengang ausgewirkt."
Erstes Resümee über neugewählte Pfarrgemeinderäte legten noch am Wahlsonntag die Erzdiözese Salzburg und die Diözesen Innsbruck und Linz vor. Bischöfe Lackner und Glettler stimmen auf "große Aufgabe" Flüchtlingsaufnahme ein.
Österreichs Diözesen ziehen Bilanz über eine der größten Wahlen des Landes, die am Wochenende in den heimischen Pfarrgemeinden über die Bühne ging: 4,3 Millionen Katholikinnen und Katholiken waren aufgerufen, ihre Vertretungen in den Leitungsgremien der bundesweit rund 3.000 Pfarren zu bestimmen. Ein erstes Resümee über die neugewählten Pfarrgemeinderäte (PGR) legten noch am Sonntag die Erzdiözese Salzburg und die Diözesen Linz und Innsbruck vor.
Noch sind aufgrund der unterschiedlichen Wahlmodelle nicht alle Stimmen ausgezählt, bei einem Auszählungsgrad von ca. 55 Prozent zeichnete sich am Sonntagabend eine Wahlbeteiligung von österreichweit knapp 14 Prozent ab - coronabedingt weniger als beim letzten Urnengang 2017. Mit dem Endergebnis der Wahlen sei etwa in zwei Wochen zu rechnen, sagte die Sprecherin der PGR-Referentinnen und -Referenten Österreichs, Klaudia Achleitner.
In Salzburg vermeldete das Team um Achleitner, die auch Pfarrgemeinderatsreferentin im Seelsorgeamt der Erzdiözese ist, konzentriertes Stimmenauszählen am Sonntagabend am Kapitelplatz. Dort trafen seit dem Nachmittag nach und nach die Wahlergebnisse aus den Pfarren ein, etwa aus der Dompfarre, wo auch Erzbischof Franz Lackner sein Votum deponierte und danach festhielt: "Der Pfarrgemeinderat ist das stabile Element vor Ort, dem immer wieder große Verantwortung zukommt." Dies sei gerade im Hinblick auf die ständig steigende Flüchtlingszahl aus der Ukraine von Bedeutung: "Es kommt jetzt eine große Aufgabe auf die Pfarren zu - mit der Aufnahme von geflüchteten Menschen", so Lackner. Das Soziale und die tätige Nächstenliebe - so die Bedeutung des Wortes "Caritas" - sei eine der Kernaufgaben der Pfarren.
Wahlberechtigt waren insgesamt 382.158 Menschen (davon 275.720 im Bundesland Salzburg und 106.438 im Tiroler Teil) in der Erzdiözese Salzburg. Zum Rückgang bei der Wahlbeteiligung von 18 Prozent (2017) auf jetzt 14 erklärte Expertin Achleitner, dieser sei offensichtlich der Pandemie und ihren Auswirkungen geschuldet: "Allein die Gottesdienstbesucher-Zahlen sind seit Pandemiebeginn 2020 um etwa die Hälfte eingebrochen - das hat sich auch auf den Urnengang ausgewirkt."
Jedoch: Etliche Jugendliche, Frauen und Männer hätten die Möglichkeit der Briefwahl genutzt. Rund 72.000 Kuverts wurden in der gesamten Erzdiözese Salzburg verteilt. Die PGR-Wahl habe auch eine personelle Erneuerung mit sich gebracht: "Viele neue Kandidatinnen und Kandidaten haben den Sprung in ihren PGR geschafft", so Achleitner.
Das Engagement der von rund 365.000 Katholikinnen in 267 Pfarren und Seelsorgestellen der Diözese Innsbruck gewählten Pfarrgemeinderäte gibt "der Kirche ein sympathisches und glaubwürdiges Gesicht", wie Bischof Hermann Glettler in einer Aussendung am Sonntagabend betonte. "Sie kommentieren und fordern nicht aus sicherer Distanz, sondern übernehmen selbst Verantwortung." Eine Pfarre ist nach den Worten Glettlers "mit Sicherheit keine Soloveranstaltung des Pfarrers, sondern eine lebendige Gemeinschaft, in der viele Dienste notwendig sind".
Etwa 2.400 Menschen - davon seien nach der ersten Auszählung 61 Prozent Frauen - werden sich gemeinsam mit den Pfarrern und hauptamtlichen pastoralen MitarbeiterInnen in den PGR-Gremien der Diözese Innsbruck einbringen. 45,3 Prozent gehören erstmals einem Pfarrgemeinderat an. Die Wahlbeteiligung lag bei knapp neun Prozent; Christian Nuener, Leiter der Abteilung Pfarre und Gemeinschaften der Diözese Innsbruck, führte diese niedrige Zahl vor allem auf die schwierigen Rahmenbedingungen durch die Corona-Pandemie, auf generelle gesellschaftliche Veränderungen und "durchaus auch auf offene kirchliche Fragestellungen" zurück.
Als Positivum merkte Harald Fleißner, Leiter des pastoralen Bereichs der Diözese Innsbruck, den verglichen mit zuletzt spürbar gestiegenen Gottesdienstbesuch am Wahlwochenende an.
Wie Erzbischof Lackner appellierte auch Bischof Glettler an die Hilfsbereitschaft der Pfarrgemeinden angesichts des Ukraine-Kriegs. "Ganz besonders jetzt wird es eine Zusammenarbeit zwischen den Pfarren, politischen Gemeinden und privaten Hilfsinitiativen geben müssen, um die große Zahl der Vertriebenen aus der Ukraine aufzunehmen. Das wird die erste Belastungsprobe für die neuen Pfarrgemeinderäte sein", sagte Glettler.
Für Oberösterreich gab auch die Diözese Linz einen hohen Frauenanteil und mehr Neugewählte bekannt. Rund 7.000 Gläubige hätten sich der Wahl zum Pfarrgemeinderat gestellt. Die 80.000 Wahlberechtigten - die prozentuelle Wahlbeteiligung stand am Sonntagabend noch nicht fest - sorgten dafür, "dass die Frauen in den Pfarrgemeinderäten weiter auf dem Vormarsch sind". Lag der Frauenanteil in der Diözese Linz bei den gewählten PGR-Mitgliedern 2017 noch bei 57 Prozent, so zeichne sich jetzt eine Steigerung auf knapp zwei Drittel (64 Prozent) ab.
Auch der "Erneuerungsgrad" in den oberösterreichischen Pfarrvertretungen bleibt auf hohem Niveau: Vor fünf Jahren waren knapp 45 Prozent der Gewählten erstmals im Pfarrgemeinderat, 2022 sind es über 47 Prozent. Bemerkenswert sei auch, dass die Pfarrgemeinderäte der Diözese Linz ihre Größe auch nach zwei Corona-Jahren und einer von der Pandemie geprägten Wahlvorbereitung leicht erhöhen könnten.
Beate Schlager-Stemmer, Referentin für Pfarrgemeinderäte in der Diözesan-Abteilung Pfarrgemeinde und Spiritualität, erinnerte an die in Corona-Zeiten schwierige Kandidatenfindung. Es sei dem großen Engagement der 3.000 Frauen und Männer in den PGR-Wahlvorbereitungsgremien zu verdanken, "dass die Wahlbeteiligung zufriedenstellend ist".
Bischof Manfred Scheuer dankte allen PGR-Kandidierenden und -mitgliedern. Sie "verleihen dem Evangelium Mund, Hand und Herz" und trügen wesentlich dazu bei, dass die Kirche am Ort nah bei den Menschen und wirksam in der Gesellschaft sei. Auch in den neuen Pfarrstrukturen der Diözese Linz blieben sie von großer Bedeutung, betonte Scheuer: "Sie treffen Richtungsentscheidungen und gestalten Veränderungen aktiv mit."
Die Umsetzung der Pfarrstrukturreform, die bereits in vollem Gang sei, erfordere die aktive Beteiligung der PfarrgemeinderätInnen, bestätigte Monika Heilmann, Leiterin der Abteilung Pfarrgemeinde und Spiritualität: "Konkret bedeutet das, dass Seelsorgeteams aufgebaut werden und in der neuen, größeren Pfarre ein gutes Zusammenspiel aller pastoralen Orte entwickelt wird."
In den 180 OÖ-Pfarren, die ihre Pfarrgemeinderäte nach dem Urwahlmodell wählten, wurden die Pfarrgemeinderäte am Sonntag im Gottesdienst vorgestellt und mit Applaus begrüßt. Die einzelnen Mitglieder, die bis dorthin noch nicht bekanntgegeben worden waren, standen aus der Feiergemeinde auf, wurden beklatscht und traten am Ende des Gottesdienstes für ein Foto zusammen heraus, berichtete die Diözese.