v.l.n.r.: Mihael Djukic MA (Studienautor), Mark Eisenegger (Leiter der Studie), Prälat Balthasar Sieberer (Leiter „Zukunftsprozess 2018“) und Jörg Schneider MA (Studienautor).
v.l.n.r.: Mihael Djukic MA (Studienautor), Mark Eisenegger (Leiter der Studie), Prälat Balthasar Sieberer (Leiter „Zukunftsprozess 2018“) und Jörg Schneider MA (Studienautor).
Kommunikationswissenschaftler Eisenegger: Kirche sollte sich stärker in Gesellschaftsdiskurs einbringen.
Die Kirche sollte ihre Botschaft "mutiger nach außen tragen und sich stärker in den gesellschaftlichen Diskurs einbringen". Das ist die Schlussfolgerung, die der Kommunikationswissenschaftler Mark Eisenegger aus einer aktuellen Studie zur Reputation der Kirche in Österreich gezogen hat. In Auftrag gegeben wurde die Studie von der Erzdiözese Salzburg im Rahmen des laufenden diözesanen "Zukunftsprozesses 2018" (www.zukunftsprozess.at).
Gemeinsam mit der Universität Salzburg beauftragte sie ein Team um Mark Eisenegger, Leiter der Abteilung Organisationskommunikation am Fachbereich Kommunikationswissenschaft der Universität Salzburg, mit der Durchführung einer diesbezüglichen Studie. Die Ergebnisse wurden am Donnerstag, 17. November 2017 in Salzburg präsentiert.
Eisenegger attestierte der katholischen Kirche eine Profilschwäche. "In den Medien dominieren - abgesehen von Skandalen - routinehaft wiedergegebene Kirchenereignisse oder Meldungen aus dem organisatorischen Bereich", so der Kommunikationswissenschaftler. Die "christliche Ethik mit Rückbezug auf ihren Religionsstifter Jesus" bleibe dabei im Hintergrund und werde "kaum an aktuellen Ereignissen plausibilisiert oder zum Leben erweckt". Außerhalb der Kirche sei die christliche Botschaft von Kirchen kaum vernehmbar. "Tragen Sie ihre Botschaft mutiger nach außen", so Eisenegger. Zudem würde die katholische Kirche an Kontur gewinnen, "wenn sie sich noch mehr in den gesellschaftlichen Diskurs einbringt".
"Die katholische Kirche lässt kaum jemanden kalt", betonte der Soziologe und Studienautor Jörg Schneider. Das gelte für die Medien in gleicher Weise wie für die Bevölkerung. "Selbst jene, die angeben, dass ihnen die katholische Kirche egal ist, haben in der Regel eine dezidierte Meinung."
Die Mehrheit der Bevölkerung habe aus der Kindheit persönliche Bezugspunkte zur katholischen Kirche, die im Laufe des Lebens jedoch an Bedeutung verlieren. "Als Kontakte zur Kirche verbleiben bei vielen nur noch die Feiertage im Jahreslauf oder die Kasualien als seltene Anlässe", so Schneider. Im Alltag gehe die Bindungskraft zur Kirche in der Mehrheit verloren - sie werde als ein "gesellschaftlicher Fremdkörper" wahrgenommen. Dass die Kirche einen wichtigen Beitrag zur Identität und Kultur leiste, auf der Seite der Benachteiligten stehe und einen moralischen Kompass biete, werde von den Menschen anerkannt und wirke reputationsstützend.
"Je stärker jedoch die persönlichen Bezugspunkte der Menschen mit Kirche verloren gehen, desto relevanter werden die medial vermittelten Kirchenbilder", zeigte sich Schneider überzeugt. Dann werden oft nur "solche Inhalte rezipiert, die das eigene Kirchenbild bestätigen".
Die Arbeiten an der Studie wurde im Jänner 2017 begonnen und vor Kurzem abgeschlossen. Neben einer bevölkerungsrepräsentativen Befragung im Spektrum kirchennaher bis kirchenferner Menschen wurden Interviews mit Medienschaffenden und eine Inhaltsanalyse der Berichterstattung von österreichischen Leitmedien ab 2004 durchgeführt. Dabei habe sich gezeigt, dass die mediale Berichterstattung über die katholische Kirche in den ersten Jahren des Pontifikats von Papst Benedikt XVI. in ruhigen Bahnen verlief. "Über den Papst wird ebenso wie über die Kirche in Österreich und Salzburg überwiegend neutral bis positiv berichtet", so Schneider. Die Kirche profitiere von der wohlwollenden journalistischen Regelberichterstattung über Veranstaltungen und Personen ohne herausragende mediale Ereignisse.
Insbesondere mit der Thematisierung der Missbrauchsfälle im Jahr 2010 seien dann massive Reputationseinbrüche zu verzeichnen gewesen. Im Zusammenhang mit dem Absinken der Reputationskurve stehe der sprunghafte Anstieg der Kirchenaustritte. "Die Austritte werden selbst zu einem öffentlich verhandelten Thema", sagte der Soziologe. Damit werde die mediale Reputation weiter geschwächt und die Austrittsneigung der Mitglieder, die sich bereits von der Kirche distanziert haben, zusätzlich gefördert.
Erst mit der Wahl von Papst Franziskus habe sich die mediale Reputation erholt und setzte sogar zu einem Höhenflug an. In den letzten Jahren entwickelte sich die Reputation bei sinkender Resonanz wieder nachhaltig positiv. "Die Haltung der Kirche während der Flüchtlingskrise beschert ihr die höchsten Reputationswerte der letzten zwölf Jahre", heißt es in den Studienergebnissen.
"Wir hören auf die Ergebnisse hin, schauen sie genau an und werden die notwendigen Konsequenzen ziehen. Das Christentum hat immer einen Blick für die Realität gezeigt", sagte Erzbischof Franz Lackner anlässlich der Präsentation der Studie.
Für Balthasar Sieberer, Projektleiter des Zukunftsprozesses, sind die Ergebnisse dieser Studie sowohl Ermutigung als auch Herausforderung im laufenden diözesanen Erneuerungsprozess. "Mit vielen unserer Überlegungen und Ideen sind wir auf einem guten Weg", sagte Sieberer. Der komplette Studienbericht wird Anfang des kommenden Jahres zur Verfügung stehen. Der Originaltitel lautet: "Reputationsstudie der katholischen Kirche in Österreich mit Schwerpunkt auf der Erzdiözese Salzburg."