Bischof Krautwaschl verkündet die Botschaft für die Steiermark umringt von VertreterInnen aus den steirischen Regionen.
Bischof Krautwaschl verkündet die Botschaft für die Steiermark umringt von VertreterInnen aus den steirischen Regionen.
"Mit Jesus sind wir als Kirche für die Menschen da, so wie sie heute sind, leben, lieben, trauern, Angst haben und hoffen".
Gelebte Solidarität, Verantwortung über Grenzen hinweg und kirchliche Erneuerung - diese drei Themen sind für Bischof Wilhelm Krautwaschl zentral für die Diözese Graz-Seckau und ihr Wirken. Dabei gelte es den Blick auf Gott zu richten, der in Jesus den Menschen entgegengekommen und dort ist, "wo wir ihn bislang nicht vermutet haben - und dieser Provokation des Evangeliums wollen wir uns in Zukunft vermehrt stellen." Das betonte der Bischof am Samstagabend, 23. Juni 2018 in einer Botschaft an die Steiermark im Rahmen eines Festakts anlässlich der Feierlichkeiten zum 800-Jahr-Jubiläum der Diözese Graz-Seckau auf und rund um den Grazer Hauptplatz.
In einer Zeit des Wandels sei es Aufgabe der Kirche, der um sich greifenden Unsicherheit und Hoffnungslosigkeit entgegenzuwirken. "Mit Jesus sind wir als Kirche für die Menschen da, so wie sie heute sind, leben, lieben, trauern, Angst haben und hoffen", so Krautwaschl. Die "großen Probleme der Zukunft" im Blick auf Arbeit, Lebensschutz, Alter, Schöpfungsverantwortung und Heimat seien nur gemeinsam zu lösen. Deswegen werde die Kirche mithelfen den Wert der Solidarität wiederzubeleben. "Mehr als wir es bisher getan haben, wollen wir vor allem jenen helfen, die nicht auf die Sonnenseite des Lebens gefallen sind", sagte der Bischof.
In einer Welt, "in der vermehrt wieder Grenzen gezogen werden", trage die "katholische, das heißt allumfassende Kirche über Grenzen hinweg Verantwortung", betonte Krautwaschl im Blick auf die aktuelle politische Situation. Die Kirche wolle sich dafür einsetzen, "dass möglichst viele Menschen Frieden und Heimat finden" und dabei Allianzen mit allen schließen, die sich für Freiheit und Würde des Menschen einsetzen.
Christen hätten in den vergangenen acht Jahrhunderten viel an kulturellem Reichtum und Schönheit beigetragen, stellte der 58. Diözesanbischof von Graz-Seckau fest. "Wir wollen dieses Erbe nicht nur hüten sondern in Gegenwart und Zukunft neugierig und kreativ weiterschreiben." Dies gelte es trotz eines "dramatischen Glaubensumbruchs" in der "Freude des Evangeliums" einzulösen, denn: "Wir sehen unsere Botschaft als Gabe für die Gesellschaft". Schließlich würden Glaube, Liebe und Hoffnung keiner Halbwertszeit unterliegen.
Die Kirche solle auch in Zukunft in Pfarren, Gemeinden und in neuen Erfahrungsräumen, die den veränderten Lebensgewohnheiten der Menschen entsprächen, ein lokales und zugleich weltoffenes Angesicht behalten. "Wir wissen, dass wir in der Suche nach einer neuen Form der Kirche nicht allein sind. Dabei werden wir die Einheit mit der Weltkirche wahren und vor allem jene fördern, die sich auf Fragen der Gegenwart einlassen und mutig Schritte zur Erneuerung setzen", sagte der Bischof vor dem Hintergrund der bereits eingeleiteten Strukturreform in der Diözese.
Die Anwesenden forderte er dazu auf, ihre Begabungen und Fähigkeiten für die Gemeinschaft zu nutzen, denn "was einem Menschen mitgegeben ist, hat er nicht nur für sich allein". Auch die Kirche lebe aus einer Vielfalt von Begabungen und Berufungen. "Über diese Vielfalt freuen wir uns: Wir wollen sie entdecken, wecken und fördern, damit die gute Botschaft Jesu in unserem Land auch in Zukunft weitergegeben werden kann."
Der Festakt am Grazer Hauptplatz war die zentrale Veranstaltung des ersten Tages des Diözesanjubiläums. Dabei sprachen Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, Bürgermeister Siegfried Nagl und Vertreter der verschiedenen Konfessionen und Religionen - darunter Nuntius Erzbischof Peter Stephan Zurbriggen - Grußworte.
Weil zeitgleich mit den Feiern zum Diözesanjubiläum in Graz auch der Christopher Street Day begangen wurde, sandte Bischof Krautwaschl am Samstagnachmittag an die LGBT-Community ein Grußwort. Das Verhältnis zwischen der katholischen Kirche und der LGBT-Community sei nicht einfach und dennoch bemühten sich viele um gegenseitige Offenheit und Wertschätzung. "Leider gibt es immer wieder 'Wertung' von beiden Seiten", die "allzu leicht zur Ab-Wertung" werde. "Für die gilt es sich zu entschuldigen", sagte Bischof und schloss mit dem Wunsch: "Bleiben wir gut miteinander im Gespräch!"
Das zweitägige Festprogramm als Höhepunkt des Diözesanjubiläums hatte am Samstagmorgen mit einem ökumenischen Morgenlob im Grazer Dom und einer Prozession in die Herrengasse im Herzen der Altstadt begonnen. Im Anschluss gab es zahlreiche Veranstaltungen in der Grazer City. Ein zentrale Rolle spielten dabei acht Bühnen auf acht Grazer Innenstadtplätzen, die die Themen der in den Monaten davor in acht steirischen Regionen auf Bühnen stattgefundenen Dialogveranstaltungen bündelten und vertieften.
Dabei ging es am Hauptplatz um "Schicksal, Angst & Wunder", im Landhaushof um "Macht, Kirche, Politik" und am Tummelplatz um "Umbruch, Geist & Erneuerung". Vor dem Grazer Ordinariat am Bischofplatz wurde Fragen rund um "Konflikt, Rechte, Religion" thematisiert und am Färberplatz drehte sich alles um soziale Themen unter dem Motto "Chancen arm & reich". Der Schlossbergplatz war Ort des Gesprächs über "denken, wissen, glauben", der Südtiroler Platz stand im Zeichen von "Schönheit & Anspruch" und am Kapistran-Pieller-Platz ging es um "Grenze, Öffnung & Heimat".
Prominente Bühnengäste waren dabei u.a. die Bischöfe Krautwaschl und Hermann Glettler, Fußball-As Viktoria Schnaderbeck, Landtagpräsidentin Vollath, der Theologe Arnold Mettnitzer, die Autorin Barbara Frischmuth, der Tänzer Willi Gabalier, der Entertainer Alfons Haider, der Journalist Tarek Leitner oder Intendantin Iris Laufenberg vom Schauspielhaus Graz. Umrahmt wurde dies von einem breiten Angebot an Konzerten, Workshops, Experimenten und einem eigenen Kinderprogramm am Tummelplatz bzw. in der "Kirchenmeile" in der Herrengasse.
Die Jubiläumsfeierlichkeiten gipfeln am Sonntag mit einer vom ORF Steiermark live übertragenen, von Krautwaschl geleiteten Eucharistiefeier um 10 Uhr am Platz der Versöhnung im Grazer Stadtpark und anschließendem Frühschoppen. Als Gäste haben sich unter anderem Kardinal Schönborn, Erzbischof Lackner und die Erzbischöfe aus Banja Luka und Maribor angekündigt. Am Ende des Festgottesdienstes wird ein Chor, bestehend aus einzelnen Chören aus den acht Regionen, zusammen mit dem Jugendblasorchester Wies ein Konzert geben. Die Hälfte der Kollekte kommt den steirischen Hochwasseropfern zugute, die andere einem Projekt für Demenzkranke in der bosnischen Diözese Banja Luka.
Es folgt im Anschluss ein Genuss- und Begegnungsfest, mit Musik u.a. einer afrikanischen Trommlergruppen, der Steirischen Streich- und der bischöflichen Hauskapelle. Die Verpflegung kommt von Genuss Region Österreich und der Murauer Brauerei.