Laut dem Dekan der theologischen Fakultät Wien geht es darum, "vorhandene Einrichtungen wahrzunehmen und zu vernetzen".
Laut dem Dekan der theologischen Fakultät Wien geht es darum, "vorhandene Einrichtungen wahrzunehmen und zu vernetzen".
Wiener Dekan Pock in Offenem Brief an Nationalratspräsident Sobotka: Forderung nach Aufbau einer Antisemitismus-Forschung in Österreich negiert vielfältige bestehende Initiativen.
Wie steht es um die Antisemitismus-Forschung in Österreich? Geht es nach Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, braucht es angesichts einer latent wachsenden Judenfeindlichkeit in Österreich ein intensiveres Engagement gegen diesen Trend: "Für mich geht es darum, eine Antisemitismus-Forschung in Österreich aufzubauen und nicht nur Erfahrungsberichte zu sammeln", sagte Sobotka unlängst im Interview der "Wiener Zeitung" (2. September). Speziell der "Antisemitismus bei muslimischen Zuwanderern" sei zu lange unbeachtet geblieben - auch aus kirchlicher Sicht müsse das Thema verfolgt werden; "es reicht längst nicht, wenn der Papst einmal nach Israel reist", so Sobotka.
Einspruch
Einen Einspruch gegen diese Sicht auf die Antisemitismus-Forschung in Österreich kam nun vom Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien, Prof. Johann Pock: Auch wenn der Einsatz Sobotkas gegen jede Form von Rassismus und Antisemitismus löblich sei, so dürften doch die "vielfältigen Initiativen" nicht nur seitens der Universität Wien, sondern auch an anderen Universitäten nicht negiert werden, schrieb Pock in einem Offenen Brief, der Kathpress vorliegt. Auch würde der Hinweis Sobotkas, "es reicht längst nicht, wenn der Papst einmal nach Israel reist" letztlich "die vielen vorhandenen wissenschaftlichen und kirchlichen Initiativen gering[schätzen]".
Zahlreiche Initiativen
Beispiele für entsprechende Initiativen seien etwa das Institut für Judaistik an der Universität Wien, wo Kurt Schubert vor über einem halben Jahrhundert die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Judentum aufgebaut habe; zudem das Zentrum für Jüdische Kulturgeschichte in Salzburg, das "Centrum für Jüdische Studien" in Graz sowie der Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit. Es brauche daher - so Pock unter Verweis auf ein Wort des Wiener Judaisten Gerhard Langer - nicht "das Rad neu erfunden werden", vielmehr ginge es darum, "vorhandene Einrichtungen wahrzunehmen und zu vernetzen".
Auch an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien genieße die Forschung zum Judentum und speziell zum Antisemitismus großes Renommee - etwa in Person der Forschungen von Prof. Wolfgang Treitler oder von Prof. Regina Polak. Zudem werde es im kommenden Wintersemester an der Universität Wien auf ihre Initiative hin eine Ringvorlesung zum Thema "Judentum - Christentum - Islam: Inter- und trandsdisziplinäre Perspektiven auf den interreligiösen Dialog der drei abrahamitischen Religionen" geben, wies Pock hin. Ein weiteres Vorzeigeprojekt sei auch das von Studierenden der Judaistik, der katholischen und evangelischen Theologie und Religionspädagogik sowie der islamisch-theologischen Studien initiierte Projekt "Cafe Abraham Wien". Darin geht es um interdisziplinäre Textarbeit und die Vertiefung des gegenseitigen Verständnisses.
Pock schloss seinen Offenen Brief mit einer Einladung an Sobotka: So könnten die in diesen Bereichen aktiven Forscherinnen und Forscher bzw. Vertreter der Einrichtungen in einem persönlichen Gespräch dem Nationalratspräsidenten Einblicke in den aktuellen Stand der Forschungen und Initiativen bieten.