"Antworten" von Kardinal Christoph Schönborn, in der Zeitung Heute, am Freitag, 6. Dezember 2013.
Heuer fällt der 8. Dezember auf einen Sonntag. Also kein Shopping-Tag. Kein Ansturm auf die Geschäfte. Einfach Sonntag. Ruhetag. Tag zum Ausruhen. Zeit für die Familie. Für Besinnung. Sollte der Advent nicht eine besinnliche Zeit sein? Ist er inzwischen nicht zur besinnungslosen Zeit im sinnlosen Vorweihnachts-Stress verkommen?
Heuer ist der 8. Dezember ein Sonntag. Eine gute Gelegenheit, an den Sinn des Marienfestes zu erinnern. „Maria Empfängnis“ heißt es. Neun Monate vor Maria Geburt, am 8. September, wird ihre Empfängnis gefeiert. Von ihren Eltern Joachim und Anna. Mich bewegt an diesem Fest immer, dass hier eine Zeugung, eine Empfängnis gefeiert wird, eben der Moment, in dem das neue Leben entsteht, ein neuer Mensch ins Dasein tritt.
Und dann versuche ich an meinen eigenen Lebensanfang zu denken, mitten im Krieg, während eines Fronturlaubs meines Vaters, in der Geborgenheit der Liebe, hat mein Leben begonnen, inmitten der Schrecken dieser schlimmen Jahre. Und immer neu kommt mir die Frage: Warum feiern wir den Tag der Empfängnis der heiligen Maria, der Mutter Jesu? Und warum bei uns nur den Geburtstag? Unser Leben hat doch mit der Empfängnis begonnen. Ist das nicht etwas Wunderbares? Etwas zum Nachdenken? Noch ehe meine Eltern wussten, dass ich „unterwegs“ bin, hat Gott schon zu mir Ja gesagt, für immer und ewig. Heuer, am Shopping-freien 8. Dezember, in einem Moment der Stille, kann ich mich darauf besinnen. Ganz adventlich!