Antworten von Kardinal Christoph Schönborn in der Tageszeitung HEUTE am 17. Jänner 2025
Morgen darf ich im Stephansdom einen Gottesdienst feiern zum Dank für 30 Jahre, die ich als Erzbischof von Wien wirken durfte. Ich habe viele Gründe, dankbar zu sein. In jungen Jahren hätte ich mir nie vorstellen können, einmal eine solche Aufgabe zu übernehmen. Es war auch wirklich nicht immer einfach. Heftige Krisen, Stürme und Skandale haben die Kirche gebeutelt. Viele haben sich von ihr verabschiedet. Der Islam wächst und die Christen werden weniger. Viele blicken mit Sorge in die Zukunft. Wohin geht die Reise?
Ich kann die Sorgen verstehen, bin aber trotzdem zuversichtlich. Es wird wohl manches schwieriger werden, wirtschaftlich, sozial, das Klima, die Migration. Eines habe ich in diesen 30 Jahren als Erzbischof gelernt: Es gibt so viel Gutes, nur macht es wenig Lärm. Geschrieben wird über das, was schief geht. Warum sollten die Medien darüber berichten, was tagein, tagaus an selbstverständlicher Hilfsbereitschaft, an ordentlicher Arbeit, an gut funktionierenden Diensten geschieht? Ich habe eine tiefe Dankbarkeit im Herzen für das viele unscheinbare Gute. Darin sehe ich, dass Gott bei uns ist, ob wir daran denken oder nicht. Darum war ich gerne 30 Jahre lang im Dienst der Menschen.