Caritas-Präsident Michael Landau erwartet sich von der Regierung einen Neustart bei der Mindestsicherung.
Caritas-Präsident Michael Landau erwartet sich von der Regierung einen Neustart bei der Mindestsicherung.
"Teurer kann man nicht sparen als beim sozialen Frieden", so der Caritaspräsident.
Caritas-Präsident Michael Landau erwartet sich von der Regierung einen Neustart bei der Mindestsicherung. "Teurer kann man nicht sparen als beim sozialen Frieden", sagte er am Sonntag, 15. Jänner 2017 im Interview mit der Austria Presse Agentur. Der von Bundeskanzler Christian Kern präsentierte "Plan A" gebe Hoffnung im Kampf gegen die Armut. Auch in den neuen Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen setzt der Caritas-Chef große Erwartungen.
Von der "fast schon pathologischen Angst-Lust, mit der im vergangenen Jahr allerorts der Untergang skizziert worden ist" distanzierte sich Landau. Dies sei übertrieben und auch gefährlich. "Nichts hemmt solidarisches Handeln so sehr wie Angst", bekräftigte der Caritas-Präsident: "Wenn 2016 das Jahr der Angst war, dann sollten wir 2017 zum Jahr der Hoffnung erklären."
Einen positiven Neuanfang wünscht sich Landau einmal mehr beim Thema bedarfsorientierte Mindestsicherung: Es müsse hier eine österreichweit einheitliche Regelung gelingen, die besser als die vorhergehende sei. Landau kann sich laut eigener Aussage einen sinnvollen Mix aus Geld- und Sachleistungen vorstellen. Bessere Daten und mehr Transparenz wären dienlich. "Die Mindestsicherung gehört reformiert, nicht diffamiert", sagte er der APA.
Beim Thema bedingungsloses Grundeinkommen ist Landau vorsichtig. "Wichtiger wäre mir ein bedingungsloses Grundverständnis, dass wir in Österreich die Armut bekämpfen und nicht armutsbetroffene Menschen." Zum Grundeinkommen selbst meint Landau: "Ich gestehe, dass ich hier ein wenig skeptisch bin." Zu klären wären im Vorfeld wichtige Fragen wie: "Welche Sozialleistungen, die Menschen brauchen, fallen dann weg?" Eine vermeintlich einfache Lösung müsse noch nicht gerecht sein. Auch wünscht er sich eine stärkere Zusammenführung von auszahlender Stelle und AMS.
Den in Bundeskanzler Kerns Plan enthaltenen Mindestlohn sieht Landau als wichtigen Diskussionsanstoß. Klar sei, dass Arbeit, von der man leben kann, prioritäres Ziel sein müsse. "Ob jetzt dafür ein Mindestlohn über einen Generalkollektivvertrag wirklich das beste Instrument ist oder etwa eine Senkung der auch bei niedrigen Einkommen schon recht hohen Lohn- und Sozialabgaben, ist eine Frage, wo Österreich eine gute Tradition hat: das im Gespräch der Sozialpartner zu klären", meint er aber. Der Caritas-Präsident pocht in diesem Zusammenhang auch auf mehr leistbaren Wohnraum. Die Mietrechts-Novelle gehöre dringend umgesetzt, sozialer Wohnbau verstärkt.
Allgemein sieht Landau die Ankündigungen des Kanzlers positiv: "Das ist ein Stückchen so wie mit der neuen Elbphilharmonie in Hamburg: Es war unglaublich mühsam, hat zu lange gedauert, aber am Ende stehen nun doch harmonische Klänge." Er hoffe auch bei der Bundesregierung auf "harmonischere Klänge". Nachsatz: "Auch der beste Plan ist wertlos, wenn er nicht zumindest teilweise umgesetzt wird."
Kritik übte Landau an den ÖVP-Plänen zur Halbierung der Flüchtlings-Obergrenze. "Es kann nicht sein, dass wir Menschen in Situationen der Verfolgung und des Kriegs zurückschicken", sagte er. Gerade in der kalten Jahreszeit würden Menschen auf der Flucht wie auch in Österreich ums Überleben kämpfen. "Menschen mitten in Europa kämpfen in Schnee und Eis ums Überleben - und was macht das offizielle Österreich? Es schickt 20 Polizisten zur Grenzsicherung", ging Landau mit der Flüchtlingspolitik erneut ins Gericht. Das permanente Halbieren von Obergrenzen "löst keinen Krieg in Syrien und verhindert nicht, dass Menschen auf der Flucht nach Europa ihr Leben im Mittelmeer riskieren und allzu oft verlieren", so Landau.
Er erwarte sich die Klarstellung, "dass die Genfer Flüchtlingskonvention und die Europäische Menschenrechtskonvention in Österreich auch in Zukunft auf Punkt und Beistrich eingehalten werden". In dem Fall zeigt er sich dankbar, dass Vizekanzler Reinhold Mitterlehner eine Diskussion auf europäischer Ebene eingemahnt habe. Landau: "Ich unterstütze das Bemühen um mehr europäische Solidarität. Der Ausbau der Hilfe in den Herkunftsländern ist da ein ganz wesentlicher Punkt."
Auch für eine weitere Bevölkerungsgruppe wünscht sich der Caritas-Präsident mehr Aufmerksamkeit. Zwar hält er die Valorisierung des Pflegegeldes "für wichtig und richtig", ebenso notwendig sei aber auch ein "Systemwechsel hinaus aus der Sozialhilfe und hinein in eine solidarische Finanzierung". Landau forderte u.a. einheitliche Finanzierungs-, Versorgungs- und Qualitätsstandards in den Ländern, denn: "Niemand versteht, warum die Systeme unterschiedlich sind." Und er mahnt ein, vorhandene Lücken etwa zwischen Hauskrankenpflege und 24-Stunden-Betreuung endlich zu schließen.
Eine "Symboldiskussion" sieht Landau hingegen bei jener über ein Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst. "Wichtig ist zuallererst, dass Frauen selbstbestimmt leben. Egal, wie sie heißen. Egal, woher sie kommen. Und was sie dabei tragen, ist mir offen gestanden egal", meinte er und weiter: "Ich glaube, dass ein bisschen populistisch anmutende Diskussionen nicht zu den dringlichsten Fragen zählen, die beantwortet werden sollen."
Caritas Österreich:
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