Wo vorher Tod war, entsteht Leben.
Wo vorher Tod war, entsteht Leben.
Der Frühling ist eine Zeit des Neubeginns. Dominikanerpater Thomas Brogl macht uns Mut, mit erhobenem Haupt durch das Leben zu gehen und zuversichtig in die Zukunft zu schauen.
In der Kunst geschehen die Osterbegegnungen oft auf einer paradiesischen Wiese. Während die Wüste der Schauplatz für die 40 Tage des Fastens und der Versuchung Jesu ist, beginnt mit dem Osterfest ein neuer Frühling. Auf einem Osterbild des Malers Giotto (+1337) kann man sogar der Ursache des Frühlings auf die Spur kommen: Wohin der Auferstandene seinen Fuß setzt, dort beginnt die Wüste zu blühen. Die erste Osterzeugin Maria von Magdala blickt dort ganz fasziniert auf den Auferstandenen, der der wüsten Erde und ihrer verletzten Seele den Frühling bringt.

Giotto di Bondone, Noli me tangere (1320, Fresko in der Magdalenakapelle in der Unterkirche der Basilica di San Francesco von Assisi)
"Schau auf zum Herrn, und die Welt wird sich verändern, weil du sie mit neuen Augen siehst!", so hat die hl. Hildegard von Bingen ihren orientierungslosen Zeitgenossen in schwieriger Zeit zugerufen. Die Gefahr in solchen Zeiten ist, dass wir nur ängstlich auf uns und unsere Probleme blicken. Hildegard sagt dagegen: Kopf hoch - schau auf zum Herrn! Auf den gekreuzigten Auferstandenen schauen, heißt: die Welt mit neuen, österlichen Augen sehen lernen.
Osteraugen hat man aber nicht sofort - auch bei den Jüngern dauerte es eine Zeit, bis sie ausgebildet waren. Es gab Zeichen der Auferstehung: das leere Grab, der weggewälzte Stein, die Leinenbinden. Aber es dauert eine Zeit, bis sie wirklich glauben und den Auferstandenen "sehen" konnten.

P. Thomas Brogl: "Umkehr bedeutet hoffnungsfroh aufzubrechen und aufzuschauen zum Herrn."
Die Fastenzeit ist eine Hilfe, unsere Augen zu "reinigen" und zu lernen, wieder neu zu sehen. In diesen Frühlingstagen, wo die Natur aus der Winterstarre erwacht, hilft uns auch die Natur zu diesem Blick: Knospen treiben an den Bäumen, die ersten Blumen durchbrechen die Schneedecke. Die Natur gibt uns eine Ahnung des österlichen Geheimnisses: Wo vorher Tod war, entsteht Leben.
Die Fastenzeit als eine Zeit der Umkehr will uns "neu sehen lernen". Umkehr ist nicht ein trauriges Blicken in die Vergangenheit und auf die eigene Schuld; vielmehr nicht um sich zu kreisen, hoffnungsfroh aufzubrechen und aufzuschauen zum Herrn: "Schau auf zum Herrn, und die Welt wird sich verändern, weil du sie mit neuen Augen siehst!"
Die österliche Zeit lässt uns Gott neu gegenwärtig werden und unsere Gegenwart mit seinen Augen sehen. Der Mystiker Meister Eckhart hat es so formuliert: "Gott ist ein Gott der Gegenwart. Wie er dich findet, so nimmt und empfängt er dich, nicht als das, was du gewesen, sondern als das, was du jetzt bist." Das ist die Verheißung für den Menschen, der den Spuren des Auferstandenen folgt: In Gottes Augen-Blick neu zu werden.