Wiener Theologe Paul Zulehner plädiert in einem Podcast für eine qualitative Fokussierung auf die Umsetzung der Jesusnachfolge statt rein quantitativer Kirchenbetrachtung. Er sieht im Christentum einen Hoffnungsträger in Krisenzeiten und fordert einen zeitgemäßen Zugang zur Vermittlung von Glaubensinhalten.
Der Wiener Theologe Paul Zulehner unterstreicht in einem Podcast-Interview die Bedeutung der Qualität der Kirche im Gegensatz zur reinen quantitativen Betrachtung von Mitgliederzahlen und religiöser Praxis. In der aktuellen Folge des Podcasts "Erklär mir die Welt" mit Journalist Andreas Sator warnte Zulehner davor, die Kirche allein an historischen Zahlen zu messen und plädierte stattdessen für eine Fokussierung auf die ernsthafte Umsetzung der Jesusnachfolge.
Zulehner sieht im Christentum und der Kirche einen Hoffnungsträger in Zeiten von Krisen, in denen Freiheit oft eingeschränkt ist. Er erkennt die Herausforderungen, denen Menschen inmitten von Kriegen, Klimawandel und Migration gegenüberstehen, und betont die Rolle der Religion als potenziellen Anker der Hoffnung. Dabei räumt er ein, dass Religionen in der Geschichte oft sowohl Teil des Problems als auch der Lösung waren.
Der Theologe mahnt zu einem neuen Ansatz in der Vermittlung von Glaubensinhalten und empfiehlt einen einladenden Blick auf die Möglichkeiten, die das Evangelium im Leben eröffnen kann. Er betont die Bedeutung der Liebe als zentrales Element der christlichen Überzeugung und fordert eine zeitgemäße Art, über Gott zu sprechen, ohne rigide Vorschriften und Strafen.
Zulehner sieht einen Trend weg vom Radikal-Individualismus der 1990er-Jahre hin zu einer Suche nach Gemeinschaft und Ich-Stärke. Er erwartet, dass die Kirchen eine wichtige Rolle dabei spielen können, als nicht autoritäres "Freiheitsnetzwerk" zu agieren und Menschen unabhängig von ihrer Lebensform anzusprechen. Der Theologe prognostiziert eine Veränderung im Amtsverständnis der Kirche, basierend auf einer Überzeugung für die Jesusbewegung und der Zufriedenheit mit der gewählten Lebensform.
Zulehner schließt das Interview mit der Vision einer Lösung für die Kirche, die auf der Weltsynode im Oktober 2024 umgesetzt werden könne, und betont die Notwendigkeit einer ermutigenden Leitung, um die Gemeinschaft im Geist des Evangeliums zu halten.
Link zum Podcast: Erzähl mir die Welt