Der Wiener Weihbischof erinnert daran, dass wir über Religionsgrenzen hinweg aller Opfer gedenken müssen. "Mensch geworden sein ist die Basis für uns alle."
Der Wiener Weihbischof Franz Scharl ruft anlässlich des Internationalen Gedenktags für die Opfer von Gewalt aufgrund von Religion oder Weltanschauung dazu auf, nicht nur den eigenen Opfern zu gedenken, sondern allen Betroffenen. In einer Stellungnahme betont er, dass die Menschlichkeit das verbindende Fundament sein muss, das über alle religiösen oder weltanschaulichen Grenzen hinausreicht.
Scharl lädt am 22. August zu einem stillen Gedenkgebet im „Raum der Stille“ am Wiener Hauptbahnhof um 17.00 Uhr ein. Er betont, dass es bei diesem Gedenken darum geht, alle Gewaltopfer einzuschließen – auch jene, die keiner Religion angehören. „Mensch geworden sein ist doch die Basis für uns alle als Menschen“, so Scharl. Er wies darauf hin, dass Gewalttaten – sei es physisch, psychisch, verbal oder digital – weltweit nach wie vor massenhaft vorkommen, obwohl sie moralisch und rechtlich verwerflich sind. Dabei müsse auch Gewalt, die von Staaten oder Institutionen ausgeht, kritisch hinterfragt werden.
Scharl äußert sich auch nachdenklich zur gesellschaftlichen Praxis des Gedenkens. Er warnt davor, dass bei einer zu breiten Fokussierung auf alle Opferformen die besonders brutalen oder tödlichen Taten in den Hintergrund geraten könnten. Deshalb sei es seine vorrangige Forderung, „das reale Morden“ zu beenden – unabhängig von der Seite oder Motivation. „Da gibt es auch zurzeit mehr als genug zu tun“, stellt der Bischof klar.
Der Weihbischof appelliert zudem an die individuelle Selbstkontrolle im Umgang mit Sprache und digitalen Medien. Er ermutigt die Gläubigen, zunächst „das Herz, die Zunge, die schreibenden – und leider auch elektronisch befehlenden – Finger unter Kontrolle zu bringen!“
Für Christinnen und Christen betont Scharl, dass Jesus Christus der Fürsprecher der Gewaltfreiheit sei. Er sei der glaubwürdigste Zeuge dafür, da er selbst ein Opfer von religiös-politisch motivierter Exekution wurde. Sein Leben und Sterben dienten als Mahnung, dass Gewalt nie der Weg sein kann: Wie können wir im Alltag dazu beitragen, die Würde jedes Menschen zu schützen und Gewalt in all ihren Formen zu verhindern?