Antworten von Kardinal Christoph Schönborn in der Tageszeitung HEUTE am 13. Juni 2025
Was bleibt nach dem entsetzlichen Amoklauf in Graz? Unsagbar sind Schmerz und Trauer der Angehörigen, die einen lieben Menschen verloren haben. Bewegend ist aber auch das Mitgefühl, die große Anteilnahme und Betroffenheit so vieler Menschen. Die unzähligen Blumen und Kerzen, die dreitätige Staatstrauer, die Gedenkminute, die vielen Andachten zeigen den Zusammenhalt über alle religiösen, politischen, gesellschaftlichen Unterschiede hinweg. Das starke Mitgefühl ist ein Zeichen des Trostes und der Verbundenheit.
Doch es bleibt auch ein Gefühl der Ohnmacht. Wie konnte es so weit kommen? Sind wir ohnmächtig gegenüber der Gewalt, dem sinnlosen Töten? Lassen sich solche grausamen Taten verhindern? Eine völlige Absicherung kann es nicht geben. Doch Eindämmen von Gewalt ist möglich. Gewalttätige Worte sind eine Vorstufe von Gewalttaten. Sie beginnen mit Hass-Postings, mit verletzenden Kommentaren. Wenn ein Politiker seine Reformpläne (tausende Arbeitsplätze zu streichen) mit einer Kettensäge ankündigt, ist das eine Art Aufruf zur Gewalt und fördert ein Klima der Gewaltbereitschaft. Wir alle können zu einem Klima des Mitgefühls und des Miteinanders beitragen.